Konsumflaute bremst Wirtschaft aus

Bausektor und Staat verhindern stärkeren Wachstumseinbruch in Deutschland

Konsumflaute bremst Wirtschaft aus

ba Frankfurt – Bauinvestitionen und Konsumausgaben des Staates haben im ersten Quartal 2019 ein noch kräftigeres Abrutschen des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) verhindert. Der Privatkonsum, bislang eine der Wachstumsstützen, und auch die Unternehmensinvestitionen sind wegen der Corona-Pandemie und der ergriffenen Schutzmaßnahmen im Vorquartalsvergleich deutlich zurückgegangen, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) gestern mitteilte. Ökonomen erwarten, dass das zweite Quartal, das komplett im Zeichen des Lockdown und des langsamen Wiederanlaufens der Wirtschaft steht, erheblich schwächer ausfallen wird. Technische RezessionMit dem preis-, saison- und kalenderbereinigten Minus von 2,2 % zu Jahresbeginn ist die deutsche Wirtschaft in die (technische) Rezession gerutscht, das heißt, sie weist das zweite aufeinanderfolgende Quartal eine Minusveränderungsrate aus. In den drei Monaten bis Dezember war das BIP um 0,1 % geschrumpft. “Obwohl die Ausbreitung des neuen Coronavirus die Wirtschaftsleistung im Januar und Februar nicht wesentlich beeinträchtigte, sind die Auswirkungen der Pandemie damit bereits für das erste Quartal 2020 gravierend”, kommentierten die Wiesbadener Statistiker. Der Rückgang war der kräftigste seit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 und das zweitstärkste Absinken seit der deutschen Wiedervereinigung. Ein ausgeprägteres Minus weist Destatis für den Startabschnitt 2009 aus – damals waren es – 4,7 % zum Vorquartal.Einen stärkeren Rückgang des BIP im Winterquartal verhinderten die Konsumausgaben des Staates (+ 0,2 %), vor allem aber die um 4,1 % erhöhten Bauinvestitionen. Auslöser des Konjunktureinbruchs waren Destatis zufolge die um 3,2 % gesunkenen privaten Konsumausgaben und die Unternehmensinvestitionen in Ausrüstungen wie Maschinen, Geräte und Fahrzeuge, die “sogar um 6,9 %” unter dem Niveau des Vorquartals lagen. Wegen der Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie hätten die privaten Haushalte im Quartalsvergleich “sehr viel weniger konsumiert”. Der Privatverbrauch steht für gut die Hälfte der hiesigen Wirtschaftsleistung. Auch der Außenhandel ist infolge der Coronakrise eingebrochen und hat sich dämpfend ausgewirkt: Die Importe gingen mit 1,6 % etwas weniger kräftig zurück als die Exporte (- 3,1 %). Trotz des spürbaren Exporteinbruchs, der auch für das Gesamtjahr erwartet wird, sehen die Ökonomen der Deutschen Bank erste Hoffnungsschimmer. In einer Studie zu bilateralen Exporten weisen sie auf beträchtliche Unterschiede zwischen verschiedenen Märkten hin: So könnten die Exporte in Länder des Euroraums, insbesondere nach Italien, deutlich schrumpfen. Die Exporte nach Asien hingegen könnten von der Coronakrise nur in verhältnismäßig geringem Umfang betroffen sein. IW: BIP sinkt um 9 ProzentEin Ausbleiben des Lockdown 2.0 wird von Ökonomen derzeit durchweg als K.-o.-Kriterium für ihre Prognosen genannt. So auch von den Forschern des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die einen BIP-Einbruch um 9 % für das Gesamtjahr 2020 voraussagen. 2021 soll die Wirtschaft dann wieder um 8 % zulegen. Das IW erwartet dabei – wie das Gros der Ökonomen – eine nur allmähliche Erholung. “Erst im dritten Quartal 2021 wird das Niveau des vergangenen Jahres wieder erreicht – vorausgesetzt, dass es keinen erneuten globalen Schock geben wird”, sagte IW-Direktor Michael Hüther: “Aus volkswirtschaftlicher Sicht wäre das der Super-GAU”. Mit seiner neuen Prognose liegt das IW eher auf der pessimistischen Seite: Die Bundesregierung erwartet ein Minus von 6,3 %, das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) sagt – 7,1 % voraus, und beim DIHK wurde jüngst die Prognose auf – 10 % heruntergeschraubt. Andere, wie etwa das Münchener Ifo-Institut und die Wirtschaftsweisen, sind noch dabei, ihre Erwartungen anzupassen. Lars Feld, Chef der sogenannten Wirtschaftsweisen, sagte im dpa-Interview: “Ich denke aber schon, dass wir im einstelligen Bereich beim Einbruch bleiben. Die Effekte der Konjunkturprogramme sind ja noch zu berücksichtigen.” Im Ende März erstellten Risikoszenario ist ein BIP-Rückgang von 5,5 % eingestellt, das Feld nun als “eigentlich zu optimistisch” bezeichnete. Anfang Juni will die Bundesregierung ein Konjunkturprogramm beschließen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.