Länder bei Senkung des Finanzamtszinses uneinig
wf Berlin – Hessen lässt nicht locker, den hohen gesetzlichen Zinssatz für Steuernachzahlungen zu drücken – auch wenn dafür die nötige Mehrheit im Bundesrat fehlt. Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) kündigte an, er werde die Initiative am 21. September ins Plenum des Bundesrates einbringen. “Wir möchten die Finanzamtszinsen deutlich senken”, erklärte Schäfer nach einer Sitzung der Länderfinanzminister im Bundesrat. In Zeiten niedriger Zinsen sei ein gesetzlicher Satz von 6 % nicht gerecht. “Eine Anpassung des Zinssatzes ist daher längst überfällig.”Der Finanzausschuss des Bundesrates hatte gestern in Berlin die Anträge von Hessen und Bayern zur Senkung des Nachzahlungszinses beraten, das Thema aber vertagt. Beide Bundesländer wollen den Zins auf 3 % im Jahr halbieren. Hessen geht in seiner Initiative noch weiter als Bayern: Auf längere Sicht strebt Schäfer einen variablen Zinssatz an, der in das jeweilige Zinsniveau passt. “Ein sogenannter Zinssatz auf Rädern, der sich parallel zu den Entwicklungen der Marktzinsen bewegt, wäre dafür die richtige Lösung”, sagte der Minister. Dazu müssen in den Finanzämtern aber erst die technischen Voraussetzungen in der Datenverarbeitung geschaffen werden. Das Vorhaben dürfte sich nicht vor 2022 realisieren lassen, wenn die Finanzämter in den Bundesländern über ein neu zu entwickelndes Steuererhebungsverfahren verfügen dürften.Schäfer bedauerte, dass es in den Bundesländern bislang noch keine Mehrheit gebe, um den Zinssatz zu senken. “Manche Länder sehen keine Notwendigkeit, etwas an der vor über einem halben Jahrhundert getroffenen Festsetzung der Zinshöhe zu ändern, andere wollen zunächst die Gerichte darüber entscheiden lassen”, erklärte er nach der Sitzung des Finanzausschusses. Der Zinssatz war 1961 zuletzt angepasst worden. Der Bundesfinanzhof hatte im Frühjahr Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der aktuellen Höhe des Zinssatzes bekundet und den Fall dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt.Der Widerstand in den Ländern könnte auch fiskalische Gründe haben. Schäfer rechnet damit, dass eine Halbierung des Satzes die Steuerzahler langfristig um fast 1 Mrd. Euro pro Jahr entlastet. Vor allem Unternehmen leiden unter den hohen Nachzahlungszinsen. Ein Ärgernis sind die verzögerten Betriebsprüfungen, die mangels Personal in der Finanzverwaltung oft erst Jahre später erfolgen. Entsprechend hoch sind die Zinsen bei anfallenden Nachzahlungen.