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Lautenschläger verlässt das EZB-Direktorium

Von Mark Schrörs und Detlef Fechtner, Frankfurt Börsen-Zeitung, 26.9.2019 Die Bundesregierung muss sich rasend schnell überlegen, welchen Geldpolitiker sie ins Rennen schicken will, um den Posten von Sabine Lautenschläger im Direktorium der...

Lautenschläger verlässt das EZB-Direktorium

Von Mark Schrörs und Detlef Fechtner, FrankfurtDie Bundesregierung muss sich rasend schnell überlegen, welchen Geldpolitiker sie ins Rennen schicken will, um den Posten von Sabine Lautenschläger im Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) zu übernehmen. Denn Lautenschläger hat gestern Abend – auch für viele innerhalb der EZB überraschend – ihren baldigen Abschied angekündigt. Sie wird das Führungsgremium der Notenbank per Ende Oktober verlassen – und damit mehr als zwei Jahre früher als geplant. Deutschland muss zügig sondieren, wer ihr folgen könnte. Ansonsten läuft die größte Volkswirtschaft der Eurozone Gefahr, nicht mehr dauerhaft in der Chefetage der EZB vertreten zu sein.Wohin es Lautenschläger zieht, blieb gestern unklar. Wie für alle EZB-Direktoren gilt auch für sie eine Cooling-off-period, die einen umgehenden Wechsel in die private Wirtschaft verbietet.Die studierte Juristin stieg 1995 als Referentin in die Vorgängerinstitution der BaFin, das Bundesamt für das Kreditwesen, ein. Seither kletterte sie die Karriereleiter in Spitzentempo empor. Zunächst Aufseherin, dann Pressesprecherin und dann Beraterin des damaligen Präsidenten Jochen Sanio, bevor ihr die Leitung der Aufsicht über die Großbanken übertragen wurde. Vom Posten der Exekutivdirektorin der BaFin wechselte Lautenschläger in die Bundesbank und übernahm das Amt der Vizepräsidentin. 2014 trat sie dann in das Direktorium der EZB ein, als dritte Frau nach Sirkka Hämäläinen und Gertrude Tumpel-Gugerell.Lautenschläger verzichtete zwar darauf, den EZB-Präsidenten Mario Draghi in der Öffentlichkeit zu kritisieren. In ihren Auftritten signalisierte sie aber deutlich, dass sie dem ultralockeren geldpolitischen Kurs und vor allem den billionenschweren Aufkaufprogrammen kritisch-ablehnend gegenüberstand. In der Sitzung vor knapp zwei Wochen stimmte sie entsprechend gegen die Wiederaufnahme der Netto-Anleihekäufe.Fünf Jahre war sie, die erfahrene Bankenaufseherin, in der Rolle der Vizechefin des Single Supervisory Mechanism (SSM), also der EZB-Bankenaufsicht. Diesen Posten, der traditionell mit einem Vertreter des EZB-Direktoriums besetzt wird, musste sie Anfang dieses Jahres aufgeben, weil die Amtszeit beim SSM nur 5 Jahre beträgt. Panetta folgt CoeuréGestern wurde noch eine andere EZB-Spitzenpersonalie bekannt. Italiens Notenbank-Vize Fabio Panetta wird aller Voraussicht nach Anfang nächsten Jahres ins EZB-Direktorium aufrücken und dann den Franzosen Benoît Coeuré ersetzen. Eurogruppen-Chef Mário Centeno teilte gestern Abend mit, dass bis zum Stichtag gestern einzig der 60-jährige Panetta für die Coeuré -Nachfolge vorgeschlagen worden sei. Die Eurogruppe dürfte die Personalie höchstwahrscheinlich am 10. Oktober billigen.Mit der Ernennung Panettas würde Italien auch weiterhin im sechsköpfigen Direktorium vertreten sein – abgesehen von nur zwei Monaten zwischen dem Ausscheiden des amtierenden italienischen EZB-Präsidenten Draghi Ende Oktober und dem Amtsantritt Panettas zum 1. Januar 2020. Die Amtszeit Coeurés endet am 31. Dezember 2019.Wenn Panetta auf Coeuré folgt, tritt er in große Fußstapfen. Der 50-jährige Franzose, der aktuell sowohl für die Marktoperationen wie auch für Europa-Themen zuständig ist, gehört zu den intellektuellen Schwergewichten im EZB-Rat. Zudem gilt er als enger Vertrauer Draghis und er gilt zusammen mit Draghi und Ex-EZB-Chefvolkswirt Peter Praet als Architekt der im März 2015 begonnenen breiten Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE). Zuletzt hatte sich Coeuré aber gegen die Wiederaufnahme der 2018 beendeten QE-Nettokäufe ausgesprochen und sich gegen Draghi gestellt.Panetta ist derzeit Generaldirektor der Banca d`Italia. Seit 1985 in der Forschungsabteilung, leitete er die Abteilung Geldpolitik und Volkswirtschaftslehre. Er arbeitete eng mit Draghi zusammen, als sein Landsmann Leiter der Bank von Italien war, sowie mit dem ehemaligen Gouverneur Antonio Fazio und dem derzeitigen Gouverneur Ignazio Visco. In dieser Funktion nahm er an Sitzungen des EZB-Rates teil.2014 wurde er auch Mitglied des Aufsichtsrats der EZB, wo er den Umgang Europas mit den angeschlagenen Kreditgebern des Landes kritisierte. In dieser Funktion leitete er eine Reihe von Krisensitzungen, unter anderem bei Banca Monte dei Paschi di Siena und Banca Carige.