Lebhafte Diskussion über internationale Rolle des Euro
ms Frankfurt – Schon bei der Schaffung der Euro-Währungsunion hat es bei vielen Europäern den Wunsch gegeben, die Gemeinschaftswährung möge dem Dollar als Weltleitwährung Konkurrenz machen. Geklappt hat das nicht: Der Euro ist zwar die klare Nummer 2 weltweit – aber mit weitem Abstand auf den Greenback. Weil das aber auch wegen US-Präsident Donald Trump immer stärker als Problem gesehen wird, wollen die Europäer, allen voran die EU-Kommission, die Bedeutung des Euro auf internationalem Parkett stärken. Auch für die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen steht das auf der Prioritätenliste.Da passte es nur zu gut, dass sich gestern der 24. Finanzmarkt-Roundtable des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der DekaBank und der Börsen-Zeitung mit genau jenem Thema befasste: Wo steht der Euro heute? Ist die Dominanz des Dollar ein Problem? Was muss sich ändern? Und was bedeuten neue Digitalwährungen wie Libra in dem Kontext? Das waren zentrale Fragen, um die sich die Diskussion drehte.Vor allem Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater hob die Probleme der Dollar-Dominanz hervor. So würden dadurch ökonomische Impulse und Schocks sowie auch geldpolitische Entscheidungen in den USA rasch weltweit ausstrahlen. Insbesondere Schwellenländer seien davon betroffen. Wenn sich diese mit hohen Devisenreserven zu schützen versuchten, drücke das das ohnehin sehr niedrige weltweite Zinsniveau nur weiter. Zudem könne sich die US-Verschuldung, die vom Dollar begünstigt werde, zu einem echten Problem entwickeln. Vor allem aber: Die US-Kontrolle im Währungs- und Finanzsystem bringe auch politische Macht mit sich, wie sich etwa bei Sanktionen seitens der USA zeige.Der Euro oder auch der chinesische Renminbi seien aktuell zwar nicht in der Lage, echte Alternativen darzustellen. Es gehe aber auch nicht darum, eine Weltleitwährung durch eine andere abzulösen. Nötig sei vielmehr ein “Währungswettbewerb”. Kater glaubt aber nicht, dass private Währungen wie die geplante Facebook-Währung Libra in der Zukunft eine echte Alternative sein können – und sie sollten das auch nicht sein. “Privates Geld wird es schwer haben, gesellschaftliche Akzeptanz zu gewinnen”, so Kater. Zudem gingen von Libra & Co. große Risiken aus.Ulrich Grosch, Leiter der Abteilung Zahlungsbilanz-, Wechselkurs- und Kapitalmarktanalyse bei der Bundesbank, untermauerte bei dem Roundtable, dass sich die Position des Eurosystems aus Europäischer Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken zur Rolle des Euro geändert habe. Früher sei die EZB stets neutral gewesen und habe die internationale Nutzung weder gefördert noch behindert. Inzwischen aber habe sie diese neutrale Position aufgegeben. Tatsächlich hatte sich die EZB im Sommer hinter die Kommissionsinitiative gestellt – wenn auch vorsichtig (vgl. BZ vom 14. Juni).Grosch betonte, dass sich die Einschätzung der Vor- und Nachteile einer internationalen Währung geändert habe. So würden früher gesehene Nachteile wie eine Verzerrung der Geldmenge heute als weniger wichtig angesehen. Zugleich würden Vorteile neu gesehen oder höher gewichtet – wie etwa eine größere Unabhängigkeit von einseitigen Entscheidungen anderer Länder. Grosch machte zugleich aber auch klar, dass eine stärkere internationale Rolle des Euro “gravierende Implikationen für die Geldpolitik” haben würde. Die geldpolitische Transmission verändere sich und es kämen neue Verpflichtungen auf die EZB zu.Markus Demary, Senior Economist am IW, setzte sich vor allem mit der Frage auseinander, ob Libra zur Konkurrenz für den Dollar oder den Euro werden könne. Anders als Kater sieht Demary da durchaus Potenzial – wenn auch weniger auf den Wholesale-Märkten als im Retailgeschäft. Libra berge aber zugleich Risiken für das Finanzsystem und Herausforderungen für Aufseher und Regulierer: “Die Aufsichtsbehörden werden Libra sicher gerne blockieren wollen.”Für große Diskussionen sorgte auch beim Roundtable die Frage, ob Zentralbanken wie die EZB eine digitale Währung für alle ausgeben sollten. Deka-Chefvolkswirt Kater warnte vor weitreichenden Folgen für das Finanzsystem. “Wenn die Zentralbanken in Richtung eigener digitaler Währungen gehen, hätte das heftige und schwerwiegende Konsequenzen für das Bankensystem”, sagte er. So werde etwa die Kreditvergabefähigkeit der Banken erheblich abnehmen, was dann auch in die Realwirtschaft ausstrahlen könne. Das gelte es bei solchen Überlegungen unbedingt zu berücksichtigen. Demary dagegen verwies auch auf mögliche Vorteile: Ein digitaler Euro könne eine Art European Safe Asset darstellen, das die Eurozone stabiler machen könnte. Bundesbankexperte Grosch wollte sich in der Frage nicht festlegen: Die Folgen einer möglichen digitalen EZB-Währung hingen ganz von deren Ausgestaltung ab.