Wahlen in Kanada

Liberale Partei von Premier Carney gewinnt Wahl, verfehlt aber absolute Mehrheit

In Kanada haben die Liberalen von Ministerpräsident Mark Carney die Parlamentswahl gewonnen. Sie verpassten vorläufigen Ergebnissen zufolge aber die absolute Mehrheit und sind auf die Unterstützung kleinerer Parteien angewiesen.

Liberale Partei von Premier Carney gewinnt Wahl, verfehlt aber absolute Mehrheit

Liberale gewinnen
Parlamentswahl
in Kanada

dpa-afx Ottawa

Nach dem Sieg seiner liberalen Partei bei der Parlamentswahl in Kanada will Premierminister Mark Carney sich der aggressiven Politik von Präsident Donald Trump im Nachbarland USA entschlossen entgegenstellen. „Präsident Trump versucht, uns zu brechen, damit Amerika uns besitzen kann, aber das wird niemals passieren“, sagte Carney in seiner Siegesrede. Hintergrund sind wiederholte Drohungen Trumps, Kanada als 51. Bundesstaat zu annektieren. Zudem hat Trump hohe Zölle gegen das Nachbarland in Kraft gesetzt, dessen Volkswirtschaft aufs Engste mit der Amerikas verflochten ist. Sein konservativer Gegenkandidat Pierre Poilievre, dessen Politikstil mehr an den von Trump erinnert, gestand die Niederlage ein.

Die Liberalen erhalten nach Auszählung in rund 99% der Wahllokale voraussichtlich 168 Sitze im Parlament in der Hauptstadt Ottawa – und bleiben damit knapp unter der absoluten Mehrheit von 172. Die Konservativen kommen demnach auf 144 Mandate. Dritte Kraft wird mit voraussichtlich 23 Sitzen die Regionalpartei Bloc Québécois. Poilievre verlor bei der Wahl sogar seinen Sitz im Parlament, den er seit 2004 innehatte. Stattdessen gewann im Wahlkreis in der Hauptstadt Ottawa Prognosen der Wahlbehörde zufolge der liberale Kandidat Bruce Fanjoy. Auch der Spitzenkandidat der sozialdemokratischen New Democratic Party, Jagmeet Singh, verlor seinen Sitz und kündigte seinen Rücktritt an.

„Amerika will unser Land, unsere Ressourcen, unser Wasser“, warnte Carney in seiner Rede in Ottawa mit Blick auf Trump. Dies seien keine leeren Drohungen. Man müsse anerkennen, dass sich die Welt grundlegend verändert habe. „Unsere alte Beziehung mit den USA, eine Beziehung, die auf stetig zunehmender Verflechtung beruhte, ist vorbei“, sagte Carney weiter.

Die Einmischung Trumps hatte den Wahlkampf in Kanada komplett auf den Kopf gestellt: Lange lagen die oppositionellen Konservativen scheinbar uneinholbar vorn. Noch am Wahltag forderte Trump die Kanadier erneut auf, einer Eingliederung in die USA als 51. Staat zuzustimmen.

Der liberale Wirtschaftsexperte Carney hatte die Posten des Parteivorsitzenden und Premierministers erst vor wenigen Wochen nach einer Abstimmung von Justin Trudeau übernommen, der angesichts sinkender Beliebtheit nach rund zehn Jahren seinen Rückzug angekündigt hatte. Carney wurde erstmals auch ins Parlament gewählt.

Der 60-jährige Carney bringt nationale und internationale Krisenerfahrung mit. Während der Finanzkrise leitete der aus Alberta stammende Politiker ab 2008 die kanadische Zentralbank. Zwischen 2013 und 2020 war Carney während der turbulenten Brexit-Phase Zentralbankchef in Großbritannien, anschließend bis Januar dieses Jahres UN-Sondergesandter für Klimaschutz. Er plädiert für eine engere Zusammenarbeit mit Europa und Asien, um die Handelsabhängigkeit von den USA zu verringern.

Der politische Stil seines konservativen Gegenkandidaten Poilievre trug dagegen klare Trump-Anleihen. So sprach der 45-Jährige, der für niedrige Steuern und Kürzungen bei Staatsausgaben steht, ebenfalls von Fake-News, einer woken Ideologie linksradikaler Kräfte und versprach, Kanada immer an erste Stelle setzen zu wollen - „Canada First“. Das kam lange gut an, doch dann kam Trump.

Weitere zentrale Wahlkampfthemen waren der starke Anstieg der Lebenshaltungskosten, steigende Mieten, der Zugang zu bezahlbarem Wohneigentum sowie Gesundheitsfürsorge und Migration.

Die Wahl fand zudem auch unter dem Eindruck eines tragischen Vorfalls in der Westküstenmetropole Vancouver am Wochenende statt: Bei einem Straßenfest der philippinischen Gemeinde fuhr ein Mann mit einem Auto in eine Menschenmenge und tötete mindestens elf Menschen. Ein verdächtiger 30-Jähriger wurde festgenommen. Die Polizei zeigte sich überzeugt, dass es sich nicht um einen Terrorakt handele.