Steuerrechtsänderung

Lindner braucht Zustimmung der Länder

Der hohe gesetzliche Zinssatz für Steuernachzahlungen soll deutlich sinken. Die Union, die in den Ländern zustimmen muss, sendet unterschiedliche Signale zum Entwurf des Bundesfinanzministeriums.

Lindner braucht Zustimmung der Länder

wf Berlin

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat mit dem Referentenentwurf zur Senkung des Zinses auf Steuernachforderungen und Erstattungen widersprüchliche Reaktionen aus der Union geerntet. „Ich begrüße diesen Vorstoß sehr“, erklärt Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU). Die Länder müssen dieser Steuerrechtsänderung zustimmen. Die Finanzexperten der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag kritisierten dagegen das Konzept. Sie fordern die komplette Abschaffung des Finanzamtszinses.

Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf zur Änderung der Abgabenordnung vorgelegt. Danach soll die aktuelle gesetzliche Verzinsung von Steuernachforderungen und Erstattungen von 0,5% im Monat auf 0,15% sinken – respektive von 6% im Jahr auf 1,8%. Die Größen sollen alle drei Jahre auf Angemessenheit überprüft werden. Das Ministerium verzichtet damit auf einen variablen Satz, der z. B. an die Zinsentwicklung der EZB geknüpft wäre. Die Reform ist für alle offenen Fälle von 2019 an geboten und muss bis zum 31. Juli umgesetzt sein. Dies hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, nachdem der Zins seit 1961 unverändert ist und in der Niedrigzinsphase seit Jahren deutlich über dem Markt liegt. Nicht zuletzt die hohen Steuerausfälle dürften eine Novelle gebremst haben. Jährlich werden Bund, Länder und Gemeinden insgesamt rund 800 Mill. Euro weniger einnehmen, wenn die Reform voll wirkt. Im ersten Jahr liegen die Ausfälle mit 2,46 Mrd. Euro nach dem Finanztableau sogar deutlich höher (siehe Grafik).

Noch lange Nachwirkung

Dabei hatte das Verfassungsgericht noch Milde walten lassen. Die Richter entschieden zwar, dass der hohe Zinssatz von 2013 an verfassungswidrig war, gestatten aber die weitere Anwendung bis 2018. Die Verzinsung beginnt regelmäßig 15 Monate nach Entstehen der Steuer. Betriebsprüfungen der Finanzämter erfolgen jedoch oft Jahre später. Damit werden die hohen Zinsen auch noch nachwirken, wenn die Neuregelung längst gilt. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Interesse des Fiskus an „einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung“ und an einem „gleichmäßigen Verwaltungsvollzug“ angeführt. Der Entwurf beschränkt sich zudem auf Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach der Abgabenordnung. Stundungs-, Hinterziehungs-, Prozess- und Aussetzungszinsen bleiben außen vor. Auch Abzinsungen sind nicht erfasst.

Lindner braucht die Zustimmung der Bundesländer für die Steuernovelle. Hilbers machte deutlich, er habe sich für die Anpassung eingesetzt. Damit werde ein realitätsferner Zustand ausgeräumt. „Mir ist wichtig, dass ein fester und kein variabler Zinssatz gewählt wurde“, konstatierte Hilbers. Die finanzpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Antje Tillmann, und Be­richterstatter Sebastian Brehm hielten es für „sehr viel konsequenter, die Verzinsung abzuschaffen und damit deutlich Bürokratie abzubauen“. Auch 1,8% Verzinsung seien in der Nullzinsphase realitätsfern, monierten sie. Ähnlich argumentiert Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU). Markus Herbrand, finanzpolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, wertet das vorliegende Konzept als „angemessene und vorausschauende Lösung“. Er vertraue darauf, dass die Bundesländer den Vorschlag mittrügen.