Lindner pocht auf strikte Fiskalregeln
ahe Brüssel
Nach Einschätzung von Bundesfinanzminister Christian Lindner gibt es keinen Bedarf, etwas an den heutigen europäischen Verschuldungsgrenzen zu ändern. Der FDP-Chef sagte am Rande der Eurogruppe in Brüssel, die Bedeutung der Fiskalregeln müsse auch in Zukunft beachtet werden. Die Regeln seien entscheidend, um die Glaubwürdigkeit der Staaten gegenüber den Kapitalmärkten zu erhalten, und leisteten einen wichtigen Beitrag zur monetären Stabilität. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt habe seine Flexibilität während der Krise unter Beweis gestellt, betonte Lindner. Grundlegende Veränderungen erwarte er nicht. Die Bundesregierung sei zwar „offen für Fortschritt und Weiterentwicklung“. Es müsse aber eine kluge Balance aus einer Begrenzung der öffentlichen Verschuldung und der Freisetzung von Investitionen geben. Dies müsse kein Gegensatz sein, sagte der Minister. Die Lösung sei oft, die Rahmenbedingungen für privates Kapital zu verbessern.
Unterstützung erhielt Lindner vom neuen österreichischen Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP), der sich ebenfalls gegen neue Ausnahmen von den Verschuldungsregeln aussprach. „Schulden bleiben Schulden“, sagte Brunner in Brüssel. Österreich trete ebenfalls dafür ein, zu strengen Regeln zurückzukehren, auch um wieder finanziellen Spielraum für andere Krisen zu schaffen. Auch Lindner unterstrich, es sei wieder an der Zeit, finanzielle Puffer aufzubauen.
Die Haushaltsregeln sind noch bis Ende des Jahres wegen der Coronakrise ausgesetzt. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni kündigte an, die Kommission werde bereits in den nächsten Wochen eine Guidance für die künftige Fiskalpolitik geben. Konkrete Vorschläge für eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts wird die EU-Kommission voraussichtlich im Mai veröffentlichen. Gentiloni warnte davor, die alten Debatten im Zusammenhang mit den Schuldenregeln noch einmal neu zu führen. Es gebe heute eine komplett neue Situation, sagte er.
Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire hatte ebenfalls bereits im Vorfeld der Eurogruppe unterstrichen, die Schuldenregeln müssten nicht alle fallen gelassen werden, aber an eine „neue Realität“ angepasst werden. Er verwies in der Zeitung „Die Welt“ auf Vorschläge von Gentiloni, wonach Euro-Staaten unterschiedliche Zeitpläne und Ziele für den Abbau der Schulden erhalten. Interessant sei auch das Konzept einer stärkeren Eigenverantwortung: Danach sollte es den Mitgliedstaaten selbst überlassen bleiben, die Meilensteine und notwendigen Änderungen ihrer Wirtschaftspolitik zu definieren, die es ihnen ermöglichen würden, zu gesunden Finanzen zurückzukehren, so Le Maire.