London hält Konsolidierungskurs

Der britische Schatzkanzler peilt einen Haushaltsausgleich aber erst bis 2019 an

London hält Konsolidierungskurs

Großbritannien erfreut sich zwar eines unerwartet kräftigen Aufschwungs, doch die fiskalpolitischen Herausforderungen sind weiterhin groß. Schatzkanzler George Osborne hält am Konsolidierungskurs fest. Ein ausgeglichener Haushalt wird 2019 für möglich gehalten.Von Peter Rásonyi, LondonDer britische Schatzkanzler George Osborne hat der Versuchung widerstanden, die unerwartet kräftige Konjunkturbelebung der vergangenen Monate zum Anlass für triumphierendes Gebaren zu nehmen. Ganz im Gegenteil, Osborne präsentierte am Donnerstag im Parlament den Zwischenbericht zur laufenden Haushaltsperiode mit ernster Miene und warnenden Worten. “Großbritanniens wirtschaftlicher Plan funktioniert”, rief er den Abgeordneten zu, “aber die Aufgabe ist noch nicht erfüllt. Wir müssen die Wirtschaft langfristig absichern.”Osborne unterstrich seine gesetzten Worte mit einem Bündel finanzpolitischer Ankündigungen, die zwar da und dort gezielte politische Geschenke verteilen und an anderen Stellen ein wenig mehr Steuern einziehen, aber insgesamt haushaltsneutral ausgelegt sind.Verheiratete Paare sollen unter bestimmten Bedingungen eine bescheidene Steuerentlastung erhalten, jugendliche Erwerbstätige von den Sozialabgaben befreit werden, um den Einstieg ins Erwerbsleben zu erleichtern. Allen Schulkindern soll künftig in den ersten drei Schuljahren eine warme Mahlzeit kostenlos serviert werden. Kleinunternehmen erhalten ebenfalls eine Steuererleichterung. Die Stempelabgabe für Aktienfonds wird aufgehoben. Energieversorger sollen von gewissen klimapolitischen Auflagen entlastet werden. Dafür wird eine Kapitalgewinnsteuer für ausländische Immobilienkäufer eingeführt, und die Bankensteuer wird leicht angehoben; ab 2015 soll sie 2,9 Mrd. Pfund einbringen.Obschon der unerwartete Aufschwung die Haushaltskonsolidierung etwas erleichtert und beschleunigt, bleibt Osborne eisern auf Konsolidierungskurs. Von den bereits arg unter Druck stehenden Ministerien fordert er gar noch einmal zusätzliche Einsparungen von insgesamt 1 Mrd. Pfund pro Jahr. Das tut er mit guten Gründen. Die Sanierung der Staatsfinanzen wird auch unter den aufgehellten Konjunkturbedingungen und der Annahme eines unverändert harten Sparkurses ein ganzes Jahrzehnt in Anspruch nehmen.Erst im Fiskaljahr 2018/19 wird Großbritannien gemäß den Prognosen ein winziges Plus im Staatshaushalt ausweisen. Die Verwaltungsausgaben der Ministerien werden damit gemessen am Bruttoinlandsprodukt auf dem niedrigsten Stand seit 1948 liegen. Die Staatsquote dürfte gleichwohl viel weniger stark sinken, weil im Gegenzug die Sozialtransfers kräftig steigen.Hauptgrund für den unveränderten Konsolidierungsbedarf ist eine pessimistische Einschätzung der strukturellen Haushaltslage durch die Budgetaufsicht OBR, die Osborne in seiner Rede übernommen hat. Die jüngste Konjunkturbelebung sei, wie das Amt festhält, rein zyklischer Natur. Sie werde durch eine plötzlich erhöhte Konsumneigung der Haushalte angetrieben, die sich allein aus einer reduzierten Sparquote nähre. Für einen nachhaltigen Aufschwung seien dagegen steigende Haushaltseinkommen und eine höhere Produktivität nötig. Diese seien aber auch 2014 noch nicht in Sicht. Das kräftige Wachstum der vergangenen drei Quartale um 0,8 % werde sich deshalb nicht halten können; es sei gewissermaßen ein Strohfeuer, welches das spätere Wachstum schmälere.—– Kommentar Seite 1