Pfundkrise

Londons Steuerpaket unter Beschuss

Der Internationale Währungsfonds hat sich kritisch über das britische Steuerpaket geäußert und vor allem auf die dadurch steigende Ungleichheit hingewiesen. Und die Ratingagentur Moody‘s warnt vor einer Bonitätsherabstufung.

Londons Steuerpaket unter Beschuss

Die Kritik an den kostspieligen Finanzplänen der neuen britischen Regierung reißt nicht ab. Der Internationale Währungsfonds (IWF) teilte mit, die Pläne seien nicht zielgerichtet und würden vermutlich die Ungleichheit im Land vergrößern. Die Rating-Agentur Moody‘s betonte am Freitag, große schuldenfinanzierte Steuersenkungen könnten sich negativ auf die Bonitätsnote des Landes auswirken. Zweifel von Investoren könnten am Ende zu höheren Finanzierungskosten führen und damit die Aufnahme von Schulden erschweren.

Der neue britische Finanzminister Kwasi Kwarteng hatte vergangene Woche ein umfangreiches Paket mit Hilfen zur Abfederung der hohen Energiepreise sowie Steuersenkungen vorgestellt. Ziel sei es, das Wachstum der britischen Wirtschaft nach oben zu treiben – in etwa eine Verdoppelung wird angestrebt.

Offen ist, ob die Verschuldung dadurch weiter ansteigt oder die Maßnahmen sich alleine tragen, wie es die Regierung in London hofft. Um Haushalte und Firmen bei den Energiepreisen zu entlasten, sind in den nächsten sechs Monaten rund 60 Mrd. Pfund an Hilfen eingeplant. Einem Regierungsvertreter zufolge haben die Steuermaßnahmen ein Volumen von 45 Mrd. Pfund. Am Finanzmarkt hatten die Pläne für Unruhe gesorgt. Das Pfund rutschte am Montag auf ein Rekordtief von 1,0327 Dollar ab.

Bundesfinanzminister Lindner spricht von „Großversuch“

Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte diese Woche, die Pläne stünden im Widerspruch zu den Zinserhöhungen der britischen Notenbank, die damit die hohe Inflation eindämmen will. „Ich plädiere nun ja dafür, dass wir Anstrengungen, die die Notenbank unternimmt, nicht konterkarieren“, so der FDP-Chef. „In Großbritannien startet ein Großversuch, gleichzeitig als Staat aufs Ganze zu gehen, während die Notenbank die Bremse tritt. Und ich würde sagen, wir warten die Entwicklung dieses Versuchs ab und ziehen daraus unsere Lehren.“

Bezogen auf Europa sagte Lindner, die jüngsten Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank mit einer weniger lockeren Finanzpolitik als in den vergangenen Jahren unterstützen zu wollen. Der Staat dürfe jetzt nicht mit hohen Schulden die Inflation noch anheizen. Kaufkraftverluste müssten ausgeglichen werden, aber die Nachfrage nicht noch stimuliert werden.

Lindner will nächstes Jahr die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse wieder einhalten, was mit einer deutlich geringeren Neuverschuldung einhergeht. Er sagte, die Inflation, die in Deutschland auf dem höchsten Niveau seit Jahrzehnten liegt, sei die größte Gefahr für das wirtschaftliche Fundament. Menschen verarmten durch sie, Firmen investierten weniger.

Von Seiten seiner Koalitionspartner wird er aber gedrängt, die Schuldenbremse auszusetzen, um die hohen Kosten zur Dämpfung der Energiepreise finanzieren zu können.