Präsidentschaftswahl

Macron will Renten­alter anheben

Frankreichs Präsident plant einen neuen Anlauf für die umstrittene Rentenreform, sollte er wiedergewählt werden – worauf Umfragen hindeuten. Dies gilt als Lackmustest für Frankreichs Reformfähigkeit.

Macron will Renten­alter anheben

wü Paris

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will einen neuen Anlauf für eine Rentenreform wagen und das Renteneintrittsalter von 62 auf 65 Jahre anheben, sollte er wiedergewählt werden. Das bestätigte ein Regierungssprecher. Darin vorgesehen ist die Abschaffung der meisten der sogenannten Spezialrenten, die vor Jahrzehnten für einst besonders beschwerliche Berufe eingeführt wurden. Sie sichern einer kleinen Zahl von Berufsgruppen bei staatlichen Unternehmen wie dem Metrobetreiber RATP auch heute noch üppige Renten und ein besonders frühes Renteneintrittsalter.

Die Pläne Macrons sorgten bei anderen Präsidentschaftskandidaten und Gewerkschaftsvertretern prompt für Kritik. Eine Rentenreform gilt als wichtiger Test für Frankreichs Reformfähigkeit. Denn bisher hat jedes noch so kleine Rentenreförmchen für heftige Proteste gesorgt. Als 1995 die Spezialrenten abgeschafft werden sollten, legten Streiks Frankreich wochenlang komplett lahm, so dass das Projekt fallen gelassen wurde. 2010 bestreikten die Gewerkschaften auch Raffinerien und Benzindepots, um die Anhebung des Renteneintrittsalters von 60 auf 62 Jahre zu verhindern. Vielen Tankstellen ging der Treibstoff aus.

Die von Macron 2019 angeschobene Rentenreform führte zu wochenlangen Streiks bei der Staatsbahn SNCF und öffentlichen Nahverkehrsbetrieben. Nach Ausbruch der Pandemie wurde das Projekt auf Eis gelegt. Bereits damals hatte Macron vor, die Spezialrenten abzuschaffen und das Renteneintrittsalter de facto auf 64 Jahre anzuheben. Als Ausgleich versprach er, eine Mindestrente von 1000 Euro pro Monat für eine komplette Karriere von 43 Jahren einzuführen, was damals 85% des Mindestlohns Smic entsprach. Da der Smic inzwischen auf 1603,12 Euro brutto gestiegen ist, will Macron nun einem Regierungssprecher zufolge eine Mindestrente von 1100 Euro vorschlagen.

Seit der Invasion der Ukraine durch Russland hat Macron in Umfragen weiter zugelegt. Damit stehen die Chancen gut, dass er die Reform in Angriff nehmen kann. Macron läuft allerdings Gefahr, dass viele Franzosen in dem Glauben, er werde auf jeden Fall gewinnen, womöglich nicht wählen gehen. Dies war 2002 der Fall, als viele an einen Wahlsieg des damaligen Premierministers Lionel Jospin glaubten. Statt Jospin erreichte Jean-Marie Le Pen die Stichwahl. Unter Macrons Herausforderern gehen die Pläne für eine Rentenreform auseinander.