Macron wirbt für Europa-Reformen

Keine neuen Vorschläge zur Eurozone - Viel Beifall im EU-Parlament - Kritik an deutscher Blockadehaltung

Macron wirbt für Europa-Reformen

Frankreichs Präsident hat vor dem Europaparlament für eine Neugestaltung der EU plädiert, um vor den Europa-Wahlen nächstes Jahr Ergebnisse zu schaffen. In seiner Rede griff er auch einen Vorschlag von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, Gemeinden, die Flüchtlinge aufnehmen, finanziell besser zu unterstützen.wü/ahe Paris/Straßburg – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die Europäische Union (EU) angesichts der Europa-Wahlen im Mai nächsten Jahres zum Handeln gedrängt. Es müssten jetzt spürbare Ergebnisse eingefahren werden, forderte er in einer Rede vor dem Europaparlament in Straßburg, kurz bevor er am Dienstag den Startschuss zu europaweiten Bürgerkonsultationen zur Zukunft Europas gab. Macron tritt für eine Reform der Wirtschafts- und Währungsunion ein. In Straßburg plädierte er dafür, eine neue europäische Souveränität zu schaffen, um den Bürgern zu zeigen, dass Europa sie beschützen könne. “Die europäische Demokratie ist angesichts der Wirren der Welt unsere Trumpfkarte”, sagte Macron. Deshalb müsse man sie gegen autoritäre Tendenzen verteidigen. Macron warnte auch vor der “tödlichen Illusion des Nationalismus und der starken Macht”. Er sei überzeugt, dass es falsch wäre, die Bindung an die liberale Demokratie aufzugeben, erklärte das junge Staatsoberhaupt. Macron appellierte zudem, die “giftige Debatte” über den Umbau des Asylrechts und die Umverteilung von Flüchtlingen zu lösen. Dabei griff er eine Anregung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, Gemeinden, die Flüchtlinge aufnehmen, stärker zu unterstützen. Macron schlug dafür die Schaffung eines europäischen Programms vor, das die betroffenen Gemeinden direkt finanziell unterstützen soll. Frankreichs Staatsoberhaupt hatte bereits Ende September zwei Tage nach der Bundestagswahl in einer Rede an der Pariser Universität Sorbonne zahlreiche Vorschläge für eine Reform der EU gemacht, um die europäische Integration voranzutreiben. Kernpunkt seiner damaligen Grundsatzrede war eine Vertiefung der Eurozone durch ein eigenes Budget und einen eigenen Finanzminister. Macron hatte auch ein gemeinsames Verteidigungsbudget, die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Finanzierung der Entwicklungshilfe sowie eine CO2-Steuer angeregt. Vor dem Europaparlament sprach er sich jetzt auch für eine Verschärfung des Urheberrechts und eine strengere Umweltgesetzgebung aus. Macron wird am Donnerstag in Berlin erwartet, wo er Bundeskanzlerin Merkel treffen will.Im Europaparlament erhielt Frankreichs Präsident viel Beifall für seine mit Spannung erwartete Rede. In dem Zusammenhang wurde aber auch Kritik an der aktuellen Blockadehaltung Deutschlands laut. Auch mit der Bundesregierung sollte Macron eine harte, aber konstruktive Auseinandersetzung führen, meinte etwa Sven Giegold, Finanzexperte der Grünen. “Es ist eine Schande, dass Deutschlands Blockade der EU-Reformen offenbar den Tatendrang von Macron drosselt.” Der Chef der sozialdemokratischen S & D-Fraktion, Udo Bullmann, sprach im EU-Parlament ironisch davon, dass “Madame Non” Macron ja schon gezeigt habe, wie schwer es werde, eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion durchzusetzen. “Die vielen kleinen Mini-Schäubles” in Berlin machten die Situation auch nicht einfacher. Merkel stellte in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion klar, dass eine Weiterentwicklung des Stabilitätsmechanismus ESM zu einem europäischen Währungsfonds eine Änderung des EU-Vertrags erfordere. Damit muss der Bundestag zustimmen. Die Union befürchtet den Verlust der Parlamentsrechte durch die Reform. Der Fonds soll zudem eine zwischenstaatliche Institution bleiben.Im Europaparlament sagte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker Macron seine Unterstützung zu. Es gehe auch darum, mit Reformen einer weiteren Ost-West-Spaltung der EU entgegenzuarbeiten, sagte er. Ebenso wie Juncker warnte auch der Chef der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber, davor, bei der weiteren Entwicklung nur auf den deutsch-französischen Motor zu setzen. Der CSU-Politiker sagte, die EU müsse gar nichts neu erfinden, sondern die Bürger stärker bei ihren Entscheidungen mitnehmen und die parlamentarische Demokratie stärken. Der Fraktionschef der Liberalen, Guy Verhofstadt, sagte, es brauche noch mehr Mut, um den Stillstand der EU zu überwinden.