Konjunkturschwäche

Magere Hoffnung zu Pekings Stimulusbereitschaft

In dieser Woche berät Chinas Politbüro die wirtschaftspolitische Linie für die zweite Jahreshälfte. Bei den Marktteilnehmern schwinden die Hoffnungen auf größere Konjunkturimpulse.

Magere Hoffnung zu Pekings Stimulusbereitschaft

Magere Hoffnung zu Pekings Stimulusbereitschaft

Marktteilnehmer rechnen nicht mit großem Konjunkturpaket – Börsenstimmung im Keller – Warten auf das Politbüro

nh Schanghai

Wenige Tage vor einer mit Spannung erwarteten Zusammenkunft des chinesischen Politbüros sieht man wenig Zuversicht im Markt, dass Chinas Parteiführung zu einem wirkungsvollen Konjunkturanregungspaket ansetzen wird. Bei den China-Analysten werden die Prognosen zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) für das Gesamtjahr immer weiter zurückgeschraubt.

Große Ernüchterung

Spätestens seit der Bekanntgabe der Wachstumsdaten für das Juni-Quartal hat sich Ernüchterung zu Chinas Konjunkturelan breitgemacht. Das Bruttoinlandsprodukt ist zwar auf dem Papier stramm um 6,3% gegenüber Vorjahr gewachsen, aber angesichts des Vergleichs mit einem extrem schwachen, von harten Lockdown-Maßnahmen geprägten Juni-Quartal 2022 gilt dies als enttäuschend niedriges Tempo. Die führenden globalen Investmentbanken rechnen jetzt nur noch mit etwa 5% Wachstum im Jahr 2023, während sie im Januar Expansionsraten von 7% und mehr auf dem Zettel hatten. Damit liegt man auf Höhe des offiziellen Wachstumsziels der Regierung, doch war dieses im März so angelegt worden, dass Peking sicher sein konnte, es spielend zu übertreffen.

Diese Woche soll die halbjährliche Wirtschaftsklausursitzung des Politbüros über die Bühne gehen. Aus dem im Nachgang verbreiteten Kommuniqué werden die China-Watcher wichtige Schlüsse ziehen können, ob die Landesführung tatsächliche größere fiskalische und monetäre Impulse vorbereitet oder eher Zurückhaltung übt und es bei gewohnten Lippenbekenntnissen zum grundsätzlich stabilen Wirtschaftsverlauf belässt.

In den vergangenen Wochen hat es immer wieder leichte Hoffnungsschübe an Aktien-, Devisen- oder Rohstoffmärkten gegeben, die auf der Sichtweise beruhen, dass sich Peking keine Blöße geben will und einige Register zum Anschub von Investitionen und Konsumausgaben sowie der Belebung des Wohnimmobilienmarkts ziehen kann. Der Baissetrend konnte dadurch allerdings nicht überzeugend gebrochen werden. An der Hongkonger Börse kam es am Montag wegen der gedämpften Erwartungen hinsichtlich eines umfassenden Stimulierungspakets zu einem erneut kräftigen Rückgang des Leitindex Hang Seng von mehr als 2%.

Die Marktteilnehmer rechnen zwar damit, dass Chinas Geldpolitik tendenziell weiter gelockert wird. Allerdings sieht man wenig Chancen für Impulse, die über geringfügige Zinsanpassungen beziehungsweise Senkungen der Mindestreservequoten hinausgehen.

Freundliche Signale

Chinas Staats- und Parteiführung greift vermehrt zur Signalsprache, um dem Stimmungsknick zu begegnen. Dabei ragen diplomatische Bemühungen zur Entspannung des Verhältnisses mit den USA, „Charmeoffensiven“ gegenüber ausländischen Investoren und wortreiche Bekundungen zur Unterstützung und Förderung der Privatwirtschaft hervor. So scheint man insbesondere der Tech-Branche zu signalisieren, dass der mehr als zwei Jahre währende und stark politisch gefärbte Regulierungsfeldzug nun ad acta gelegt worden ist.

In Sachen offensichtlicher Konjunkturimpulse über fiskalische Maßnahmen ist allerdings bislang wenig erfolgt. Direkt nach Veröffentlichung der enttäuschenden BIP-Daten haben der Wirtschaftsplanungsrat NDRC und einige Ministerien einen Plan zur gezielten Anregung des Konsums der privaten Haushalte verkündet. Darin enthalten sind Anreize zur Ankurbelung der Verkäufe von Pkw, elektronischen Konsum- und Haushaltsgeräten.

Im Hintergrund forciert die Regierung ein stärkeres Engagement staatlicher Großbanken zur Linderung der Finanzierungsklemme von Immobilienentwicklern. Eine breite Stabilisierungsoffensive für den Immobilienmarkt ist bislang aber nicht erkennbar.

In Sachen öffentliche Infrastrukturinvestitionen warten die Marktteilnehmer noch auf Signale. Hier geht es um staatliche Anleiheprogramme zur Schaffung neuer Spielräume auf der Ebene der Lokalregierungen.

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