DAS RINGEN UM DEN BREXIT

Marktzugangsregeln für Finanzdienste bis Juni 2020

London und Brüssel setzen sich ehrgeizige Frist für Äquivalenzregime - Enger Aufsichtsdialog angestrebt

Marktzugangsregeln für Finanzdienste bis Juni 2020

fed Frankfurt – Banken und andere Finanzdienstleister haben, sofern der ausgehandelte Ausstiegsvertrag und dessen Anhänge die Billigung durch das britische Parlament und die EU-Institutionen finden sollten, gute Aussichten, mittel- und langfristig grenzüberschreitende Geschäfte über den Ärmelkanal anbieten zu können. Mittelfristig, weil im Falle der Ratifizierung des Ausstiegsvertrags bis Ende 2020 eine Übergangsfrist gilt, in der das komplette Gemeinschaftsrecht in Großbritannien weiter gültig bleibt – gerade so, als wäre das Land auch über den März 2019 hinaus ein Mitgliedstaat. Großbritannien bleibt in diesem Fall zunächst Teil der Zollunion und Teil des Binnenmarkts. Langfristig, weil die Gewährung von gegenseitigem Marktzugang zumindest für bestimmte Finanzgeschäfte auch über die Übergangsfrist hinaus schon einmal vorskizziert ist. Zügiger Start der SondierungErwartungsgemäß setzen beide Seiten bei der Gestaltung des langfristigen Rahmens für künftige Finanzdienstleistungen zwischen britischen und europäischen Geschäftspartnern auf das so genannte Äquivalenzregime. Dies geht aus den Papieren hervor, auf die sich die Unterhändler der EU und Großbritanniens in dieser Woche verständigt haben. In einem – dem Ausstiegsvertrag angehängten – “Entwurf des Rahmens der künftigen Beziehungen” ist unter der Überschrift “Finanzdienstleistungen” vorgesehen, das “beide Seiten so schnell wie möglich nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU” damit beginnen sollen, zu begutachten, für welche Geschäfte die Anerkennung von Äquivalenz in Frage kommt. Beide Seiten sollen sich “bemühen, diese Bewertungen bis Ende Juni 2020 abzuschließen.” “Diese politische Absicht ist sehr zu begrüßen”, meint der weltweite Leiter der Finanzpraxis der Wirtschaftskanzlei Norton Rose Fulbright, Jonathan Herbst. “Die Finanzwirtschaft steht vor einem zähem Verhandlungsmarathon”, ergänzt sein Kollege Oliver Sutter. Ob die 15 Monate nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU im März 2019 ausreichen werden, bleibe abzuwarten, gibt Sutter zu bedenken – und signalisiert damit, dass die Frist durchaus ambitioniert sei.Äquivalenzregeln haben grundsätzlich das Ziel, Anbietern von Finanzdiensten aus Drittstaaten einen Marktzugang in die EU zu ermöglichen, sofern sie in ihren Heimatländern äquivalent reguliert werden. So hat beispielsweise die EU in den vergangenen Jahren für verschiedene, aber genau umrissene Finanzdienstleistungen in den USA festgestellt, dass deren Regulierung und Beaufsichtigung als gleichwertig mit der Praxis in der EU angesehen werden können. Auf Basis dieser Äquivalenz-Feststellung durch die EU-Kommission dürfen Banken aus den USA bestimmte Dienstleistungen in Europa so anbieten, als wären sie selbst in der EU beheimatetIn dem aktuellen Brexit-Papier zu den künftigen Beziehungen heißt es, dass begleitend zum Äquivalenzregime ein enger Dialog von Aufsehern und Regulierern in der EU und Großbritannien angestrebt wird. Dies ist von Bedeutung, da ein Äquivalenzregime natürlich nur dann dauerhaft funktionieren kann, wenn sich nicht eine Seite von der anderen Seite durch Gesetzgebung oder eine Aufsichtspraxis, die regulatorische oder aufsichtliche Lücken zwischen den EU- und den britischen Vorgaben schafft, entfernt. Simon Gleeson, für Regulierung zuständiger Partner der Kanzlei Clifford Chance warnt vor hohen Risiken für Stabilität und Rechtssicherheit, wenn es nicht gelingen sollte, bis 2020 einen nahtlosen Dialog zwischen den Aufsichtsbehörden zu schaffen.