Konjunktur

Materialmangel trifft Mittelstand auf breiter Front

Eine Umfrage der KfW zeigt, dass die Lieferkettenprobleme auch auf eine große Zahl an Mittelständlern in Deutschland durchschlagen. Manche Branchen sind besonders stark betroffen.

Materialmangel trifft Mittelstand auf breiter Front

rec Frankfurt

Um die 1,8 Millionen Mittelständler in Deutschland haben mit Problemen in ihren Lieferketten zu kämpfen. Das geht aus einer jährlichen Umfrage der Förderbank KfW hervor. Demnach berichteten in der ersten Septemberhälfte 48% der be­fragten Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis zu einer halben Mrd. Euro, von Lieferengpässen betroffen zu sein. Besonders gravierend ist die Lage im verarbeitenden Gewerbe und auf dem Bau: Hier klagen fast vier Fünftel der Mittelständler über Lieferengpässe. 60% reagieren darauf mit Preiserhöhungen für ihre Kunden. Im gesamten Mittelstand sehen sich laut KfW 26% der Unternehmen gezwungen, ihre Preise anzuheben. „Die Lieferengpässe legen den kleinen und mittleren Unternehmen enorme Steine auf ihren Weg aus der Coronakrise“, sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. „Das nimmt der gerade wieder angesprungenen Konjunktur ihren Schwung.“

Zwar gibt es Anzeichen, dass die seit Monaten anhaltenden Materialmängel und Logistikprobleme im Welthandel inzwischen ihren Höhepunkt überschritten haben. Es dürfte aber dauern, bis sich die Lage entspannt, weshalb Ökonomen von Banken und internationalen Institutionen reihenweise ihre Wachstumsprognosen für dieses Jahr gekappt haben. Das dürfte auch für den Internationalen Währungsfonds (IWF) gelten, der an diesem Dienstag aktuelle Projektionen für die Weltwirtschaft veröffentlicht. KfW Research hat seine Prognose von den im Mai erwarteten 3,5% auf nur noch 3,0% heruntergeschraubt.

Den deutschen Mittelstand treffen die Lieferkettenprobleme auf breiter Front. Besonders deutlich wird dies, wenn man jene Firmen außen vor lässt, die keine Vorleistungen beziehen. Das sind laut KfW-Mittelstandspanel 43% der insgesamt 3,8 Millionen kleinen und mittelgroßen Unternehmen in Deutschland. Alle anderen Mittelständler, die Vorleistungen aus dem In- oder Ausland beziehen, sind laut Umfrage zu rund drei Vierteln von Materialengpässen betroffen. Auf die besonders betroffenen Sektoren verarbeitendes Gewerbe und Bau folgt der Groß- und Einzelhandel mit einem Anteil von 63%. Selbst bei den Dienstleistern, die grundsätzlich weniger stark von Vorleistungen abhängen, sehen sich 40% mit Lieferengpässen konfrontiert (siehe Grafik).

Rund jeder vierte deutsche Mittelständler kann wegen der Probleme Liefertermine nicht einhalten, jeder zehnte muss sogar Aufträge ablehnen, weil es an Material fehlt. Köhler-Geib unterstrich gleichwohl, dass die Probleme den Aufschwung nicht zum Erliegen bringen, sondern lediglich aufschieben: „Nachholeffekte können dann im kommenden Jahr einen Impuls für einen neuen Wachstumsschub geben.“ Auch eine ermutigende Note hält die KfW-Umfrage bereit: Die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt halten sich in Grenzen. Gerade einmal 4% der Mittelständler haben als Reaktion auf die Lieferkettenprobleme ihre Be­schäftigung zurückgefahren.

Mit baldiger Besserung rechnen die Mittelständler überwiegend nicht. Jenen 5%, die von einer Normalisierung in diesem Jahr ausgehen, stehen 18% gegenüber, die laut KfW bis weit in das kommende Jahr auf Probleme gefasst sind. In anderen Firmenbefragungen war der Anteil jener, die über das Jahresende hinaus mit Lieferkettenproblemen rechnen, zuletzt sogar noch deutlich höher.

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