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Matteo Salvini ist der starke Mann in der italienischen Regierung

Von Gerhard Bläske, Mailand Börsen-Zeitung, 15.11.2018 Vizepremier und Innenminister Matteo Salvini ist der starke Mann in der italienischen Regierung aus seiner rechtsnationalen Lega und der populistischen 5-Stelle-Bewegung. Der parteilose...

Matteo Salvini ist der starke Mann in der italienischen Regierung

Von Gerhard Bläske, MailandVizepremier und Innenminister Matteo Salvini ist der starke Mann in der italienischen Regierung aus seiner rechtsnationalen Lega und der populistischen 5-Stelle-Bewegung. Der parteilose Premierminister Giuseppe Conte ist eher Erfüllungsgehilfe und der Koalitionspartner und Vizepremier Luigi Di Maio ist selbst in seiner eigenen Partei umstritten.Die Dominanz Salvinis wurde auch in der Antwort Roms an Brüssel, das Italien zu Korrekturen im Haushaltsentwurf aufgefordert hatte, deutlich. “Wir sind im Angriff, nicht in der Verteidigung.” Der Lega-Chef lehnt jedes Entgegenkommen gegenüber der EU-Kommission ab. Auch in anderen Fragen vertritt er harte Positionen. Ob bei der Verschärfung der Sicherheitsgesetze, der Zurückweisung von Flüchtlingen, der Senkung des Rentenalters oder der Einführung einer Flat Tax.Er ist omnipräsent, hauptsächlich über soziale Medien wie Facebook und Twitter, die er mit Hilfe eines hoch professionellen Kommunikationsteams praktisch rund um die Uhr bespielt. Der gelernte Radioreporter versteht sein Handwerk. Ob mit seiner Tochter beim Wandern im Trentino, bei den Kastelruther Spatzen in Südtirol, beim Joggen im Polizeihemd in Rom oder beim Fußballderby in Mailand: Der geschiedene Vater zweier Töchter tanzt auf allen Hochzeiten. Selbst dass die Exfreundin ein Selfie des nackten Paars im Bett gepostet hat, was er ausnahmsweise nicht kontrolliert hatte, schadet ihm nicht.Der gebürtige Mailänder startete seine Karriere mit 20 als Stadtrat in Mailand. Für die damals noch separatistische Lega saß er im nationalen und viele Jahre im EU-Parlament. Er vertritt den rechtsnationalen Flügel der Partei, hat längst Abschied von separatistischen Forderungen genommen und die Lega zu einer stramm nationalistischen und hierarchisch geführten Partei gemacht.Salvini gibt sich stets leutselig, äußert sich zu beinahe jedem Thema, tritt meist ohne Krawatte und sehr kumpelhaft auf. Er spricht die Sprache des Volkes und verbreitet meist dumpfe Botschaften: Schuld an allem sind die Vorgänger, die EU und vor allem sein Lieblingsfeind: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.Salvini ist schon für Rassentrennung eingetreten und sucht die Nähe zu Russlands Präsident Wladimir Putin, mit dessen Partei die Lega partnerschaftlich verbunden ist. In vielem hat er teilweise Recht, was seinen Erfolg mit erklärt: Dass Italien so hohe Schulden hat, die Infrastruktur verkommen ließ, von Europa in Fragen der Migration alleingelassen wird und die Realeinkommen seit 20 Jahren stagnieren, das ist nicht zu leugnen und nicht der Lega zuzuschreiben. Und dass Frankreich seit Jahren gegen EU-Defizitregeln verstößt und Flüchtlinge an der Grenze rüde abweist, stimmt auch.Die Italiener haben von den Altparteien genug, und Salvini, der Züge des Diktators Benito Mussolini hat, den er gern zitiert, profitiert davon. Er wirkt banal und simpel. Das macht ihn so gefährlich. Sein Kalkül ist, dass die Nationalisten bei der Europawahl kräftig zulegen und die EU Italien dann entgegenkommt. Er liebäugelt gar mit einer Kandidatur als EU-Präsident.In Umfragen hat die Lega seit der Parlamentswahl vom März von 17 auf 30 % zugelegt. Der frühere Wirtschaftsminister Corrado Passera glaubt, Salvini könnte die Regierung nach der Europawahl platzen lassen, in Neuwahlen triumphieren und eine moderatere Mitte-rechts-Regierung bilden. Das ist Spekulation. Klar ist: Mit Salvini ist weiter zu rechnen.