May rudert im Kampf gegen Gehaltsexzesse zurück

Londoner Gesetzesentwurf verzichtet auf verbindliche Abstimmungen über Managervergütungen

May rudert im Kampf gegen Gehaltsexzesse zurück

Von Gerald Hosp, LondonDie britische Premierministerin Theresa May ist zwar in den Wirrungen nach dem Referendum über den Austritt Großbritanniens aus der EU in den Posten der Regierungschefin gespült worden. May hatte aber schon immer mehr vor, als nur den Brexit über die Bühne zu bringen. Ein für sie besonders wichtiges Thema ist es, Gehaltsexzesse in Unternehmen zu geißeln. Dabei verwendet sie gerne die Wendung des “inakzeptablen Gesichts des Kapitalismus”, das sich in den vergangenen Jahren allzu häufig gezeigt habe.Die nun präsentierten Gesetzesentwürfe zur Corporate Governance zeigen jedoch, dass die Regierung im Vergleich mit früheren Vorschlägen deutlich weniger einschneidend vorgehen will. Ursprünglich hatte May erwogen, börsennotierten Unternehmen vorzuschreiben, einen Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat aufzunehmen. Damals hatte bereits das Wort die Runde gemacht, Großbritannien wolle das Rheinische Wirtschaftsmodell übernehmen. Zudem wollte die Regierung Abstimmungen über die Managervergütung auf Hauptversammlungen verbindlich machen. Diese Elemente finden sich nicht mehr in den jüngsten Entwürfen.Stattdessen sind nun noch folgende Reformen geplant: Erstens sollen britische börsennotierte Gesellschaften das Verhältnis des Chefgehalts zum Durchschnittsgehalt der Mitarbeiter veröffentlichen. Laut dem Institut High Pay Centre hatte dieses Verhältnis für die Konzerne im britischen Leitindex FTSE 100 voriges Jahr 129 zu 1 betragen. Ein Jahr davor lag der Wert bei 148 zu 1. Zweitens sollen die Namen von Unternehmen, die sich einem größeren Widerstand bei der Abstimmung über die Managergehälter gegenübersehen, in einem öffentlichen Register publiziert werden. Dies erfolgt, wenn mehr als 20 % der Aktionäre bei der HV gegen den Gehaltsplan stimmen. Drittens wird den Entwürfen zufolge in den britischen Unternehmenskodex UK Corporate Governance Code die Verpflichtung eingeführt, einen selbständigen Aufsichtsrat zu bestimmen, der die Arbeitnehmer vertritt, einen Beirat der Arbeitnehmerschaft einzurichten oder einen Aufsichtsrat aus der Mitte der Mitarbeitenden zu nominieren. Der Kodex ist nicht gesetzlich verbindlich, sondern verlangt lediglich, dass Abweichungen vom Kodex erläutert werden müssen (“comply or explain”).Zudem wird der Financial Reporting Council (FRC), der die Standards des Kodexes setzt, von der Regierung damit beauftragt, entsprechende freiwillige Bestimmungen für große, private Unternehmen aufzusetzen. Kritik der GewerkschaftenVon der Gewerkschaftsseite wurde die Premierministerin kritisiert, sie sei eingeknickt. Die Wirtschaftsverbände zeigten sich derweil größtenteils mit den Reformvorschlägen zufrieden, zumal sie aus ihrer Sicht Schlimmeres verhindert hatten. Die Regierung gab offenbar gegenüber den Wirtschaftsvertretern nach, die sich bereits im Prozess der Brexit-Verhandlungen von der Premierministerin vernachlässigt fühlten.Die Maßnahmen wirken dennoch aktionistisch und teilweise überflüssig. Aktionärsrevolten erhalten auch ohne öffentliches Register viel Aufmerksamkeit. So hatten beispielsweise im vergangenen Jahr knapp 60 % der Aktionäre gegen das Lohnpaket von Bob Dudley, Chef des britischen Erdölkonzerns BP, gestimmt. In diesem Jahr wurde ein um 40 % geringeres Gehalt beantragt.