Mehr Beihilfen, mehr Schulden, mehr Liquidität

Coronakrise lässt die europäische Wirtschaft 2020 schrumpfen - Maßnahmenpaket der EU-Kommission

Mehr Beihilfen, mehr Schulden, mehr Liquidität

ahe Brüssel – Die Europäische Kommission will ökonomischen Folgen der Coronakrise in Europa mit einer großzügigen Auslegung der Beihilfe- und Verschuldungsregeln sowie mit zusätzlichen Mitteln aus dem EU-Budget abfedern. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach in Brüssel von einem “gewaltigen Schock für die globale und die europäische Wirtschaft”, auf den Europa nun koordiniert und entschlossen reagieren müsse. Mit dem nun beschlossenen Paket sollten die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt werden, alle erforderlichen Maßnahmen im Kampf gegen das Virus auch flexibel einsetzen zu können.Nach Einschätzung der EU-Kommission müssen die Mittel für diesen Kampf in erster Linie aus den 27 nationalen Haushalten kommen. Dabei will die Brüsseler Behörde den Mitgliedstaaten nun weitgehend freie Hand lassen. Eine entscheidende Rolle soll dabei eine vorübergehend großzügige Genehmigung von staatlichen Beihilfen durch die EU-Wettbewerbsbehörde spielen. Die zuständige Vizepräsidentin der Kommission, Margrethe Vestager, verwies in diesem Zusammenhang unter anderem auf direkte Unterstützungszahlungen oder Entschädigungen für besonders betroffene Sektoren, wie etwa den Tourismus, Restaurants, die Verkehrs- und Hotelbranche. Zudem gehe es um die Liquiditätsausstattung von Unternehmen, vor allem für kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU), sowie für Banken. Eine Genehmigung von Beihilfen, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus stehen, will die Brüsseler Wettbewerbsbehörde künftig innerhalb von 24 Stunden geben.Auch die europäischen Haushaltsregeln will Brüssel in der nächsten Zeit eher lax anwenden und deutlich höhere Verschuldungen akzeptieren als bisher – wenn die Ausgaben denn im Zusammenhang mit dem Kampf gegen die Coronakrise stehen. EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis betonte, der Stabilitäts- und Wachstumspakt werde nicht ausgesetzt. Aber alle Möglichkeiten für Ausnahmen und eine flexible Anwendung der Regeln würden nun genutzt.Hierzu gehört zum Beispiel, dass die Corona-Pandemie von der EU-Kommission als ein “ungewöhnliches Ereignis außerhalb der Kontrolle der Regierung” eingestuft wird. Dies ermöglicht es, dass in den jeweiligen nationalen Haushalten auch außergewöhnliche Ausgaben berücksichtigt werden. Eine andere Möglichkeit wäre, die “allgemeine Fluchtklausel” im Stabilitäts- und Wachstumspaket zu aktivieren, die im Falle eines schweren Wirtschaftsabschwungs in der EU zum Einsatz kommen könnte. Stimmen die Mitgliedstaaten zu, könnten dann auch EU-weite fiskalische Ausnahmen von den Verschuldungsregeln möglich sein.Und dieser schwere Abschwung zeichnet sich bereits immer deutlicher ab: Wie ein hoher Beamter der EU-Kommission am Freitag bestätigte, rechnet Brüssel 2020 nicht mehr mit einem Wachstum. Im Gegenteil: “Das Wachstum wird unter null fallen, womöglich sogar erheblich”, hieß es in Brüssel. Eine genaue Prognose will die Behörde bislang noch nicht geben. Aber noch im Februar hatte sie für 2020 ein Wachstum von 1,4 % in der gesamten EU und 1,2 % im Euroraum in Aussicht gestellt. Milliarden aus dem EU-BudgetWeitere Milliarden an Liquiditätshilfen sollen den Mitgliedstaaten durch Umschichtungen im EU-Haushalt zur Verfügung gestellt werden. 1 Mrd. Euro soll in den kommenden Wochen als Garantie in den Europäischen Investitionsfonds fließen, um über Banken rund 100 000 KMUs zu unterstützen. Zudem sollen bislang nicht genutzte Strukturfondsmittel von den Mitgliedstaaten nun für den Kampf gegen das Coronavirus genutzt werden dürfen. Brüssel erhofft sich daraus öffentliche Investitionen von 37 Mrd. Euro.