Mehr Sanktionsrechte für die Versichereraufsicht

Verwarnung und Abberufung können größeren Kreis von Managern treffen

Mehr Sanktionsrechte für die Versichereraufsicht

wf Berlin – Die Bundesregierung verschärft die Sanktionsmöglichkeiten für die Aufsicht von Managern von Versicherungsunternehmen. Dazu soll der Kreis der Personen, welche die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verwarnen und abberufen darf, über Geschäftsleiter und Aufsichtsräte hinaus deutlich ausgeweitet werden. Zudem lockert Berlin die Voraussetzungen für eine Verwarnung von Managern bei Fehlverhalten. Die Versicherungswirtschaft nimmt den Vorstoß der Regierung sehr reserviert auf.Die Neuregelung ist Teil des Referentenentwurfs aus dem Bundesfinanzministerium zur “Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen”. Betroffen sind von der Aufsichtsverschärfung nicht nur die originären Versicherungsunternehmen, sondern auch Pensionsfonds, Versicherungsholdings sowie gemischte Finanzholdings. Mit 560 ist die Zahl der Versicherer, die die Aufsicht in Deutschland kontrollieren muss, nach wie vor gewaltig, auch wenn sie in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen hat. Goldplating von Solvency IIMit der Novelle setzt die Bundesregierung die europäische Solvency-II-Richtlinie um und schafft hierzulande ein umfassenderes und völlig neu strukturiertes Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG). Die Passage zu den verschärften Verwarnungs- und Abberufungsrechten zählt indessen nicht zu den EU-Vorgaben, die national implementiert werden müssen, sondern fällt unter Goldplating: Der Gesetzgeber veredelt – aus seiner Sicht – das nationale Regelwerk über die EU-Richtlinie hinaus, oft zum Ärger der Wirtschaft.Bereits nach geltendem VAG kann die BaFin Manager in der Assekuranz abberufen. Für den Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kommt die Neuerung insofern nicht überraschend. “Die nun vorgesehenen Abberufungsmöglichkeiten sind aber nach unserer ersten Einschätzung zu weitgehend”, sagt ein GDV-Sprecher der Börsen-Zeitung. Denn laut Gesetzesbegründung soll die Abberufung sämtlicher Personen, für die aufsichtsrechtliche Qualifikationsanforderungen bestehen, durch die Aufsichtsbehörde möglich sein. “Eine so weitgehende Befugnis ist von Solvency II nicht gedeckt”, moniert der GDV.Standen bislang nur Geschäftsleiter sowie Aufsichtsräte der Assekuranz unter besonderer Beobachtung der Aufsicht und waren bei Missetaten von Sanktionen bedroht, erstreckt sich der Kreis derjenigen, die die Aufsicht verwarnen und abberufen kann, laut Referentenentwurf künftig auf “Personen, die ein Versicherungsunternehmen tatsächlich leiten” oder “für andere Schlüsselaufgaben in dem Versicherungsunternehmen verantwortlich” sind.Aussprechen kann die Aufsicht Verwarnungen bei Verstößen gegen das VAG, das Geldwäschegesetz, verschiedene Rechtsverordnungen oder gegen Anordnungen der Aufseher. Bei Abberufungen verlängert sich die Liste noch um Verstöße gegen das Aktiengesetz und das Handelsgesetzbuch. Neu ist, dass auch Verstöße gegen das Versicherungsvertragsgesetz sanktioniert werden können. Dabei geht es um Missstände im Verhalten der Versicherungsunternehmen, die Aufsichtszielen wie dem der ordnungsgemäßen Führung des Geschäftsbetriebs, der Solvabilität des Unternehmens oder einem stabilen Finanzsystem widersprechen. Verschulden zählt nicht”Auch sehen wir die neue Befugnis der Aufsichtsbehörde kritisch, Personen in den Unternehmen zu verwarnen”, fügt der GDV-Sprecher an. Denn die Vorschrift knüpfe nicht an das Verschulden der betroffenen Personen an. Laut Entwurf kommt es bei Verwarnungen künftig lediglich auf die Verantwortlichkeit des Adressaten an und nicht auf Vorsatz oder Leichtfertigkeit. Bei der Abberufung aus der Führungsspitze bleibt es bei der alten Regelung.Der Referentenentwurf ist derzeit in der Diskussion innerhalb der Bundesregierung sowie mit der Finanzbranche. Ins Kabinett dürfte die Reform noch im Sommer gehen. Das Gesetzgebungsverfahren wird damit bis zum Frühjahr 2015 dauern.