Folgen der Gasumlage

Mehrwert­steuer auf Gas wird auf 7 Prozent gesenkt

Die Mehrwertsteuer auf Gas soll von 19 % auf 7 % sinken – solange die Gasumlage fällig ist. Die Bundesregierung dringt darauf, dass diese Maßnahme die Verbraucher auch wirklich wie geplant erreicht.

Mehrwert­steuer auf Gas wird auf 7 Prozent gesenkt

ba Frankfurt

Die Mehrwertsteuer auf Erdgas soll temporär gesenkt werden, um die Belastung der Bundesbürger durch die Gasumlage abzufedern. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte gestern an, dass der Steuersatz von voraussichtlich Oktober an bis Ende März 2024 von 19% auf 7% sinken soll – so lange wird auch die staatliche Gasumlage erhoben. Dabei erwarte die Bundesregierung, dass die Unternehmen „diese Senkung eins zu eins an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben“, betonte Scholz: „Das werden wir auch sehr klar kommunizieren.“ Ähnlich äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Ökonomen kritisierten die Maßnahme bereits als wenig zielführend, während Industrieverbände wie der VCI (Chemie) und der BGA (Außenhandel) Entlastungen für die Unternehmen forderten. Der Stadtwerkeverband VKU und der Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW) wiederum lobten den Schritt.

Die Bundesregierung hat damit eine Lösung gefunden, trotz des Nein der EU-Kommission zur gewünschten Ausnahme von der Mehrwertsteuer auf die geplante Gasumlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde nicht zum Profiteur der hohen Gaspreise zu werden. Die nun verkündete Absenkung entlastet Scholz zufolge die Bürger insgesamt deutlich stärker, als sie die Gasumlage belastet – für den Staat bedeutet sie Mindereinnahmen von 10 Mrd. Euro, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters Regierungskreise. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hatte laut Nachrichtenagentur dpa-afx in einem Brief an Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) betont, dass nach EU-Recht auf die Mehrwertsteuer nicht verzichtet werden könne, diese aber auf den EU-Mindestsatz von 5% gesenkt werden könne.

Die Mehrwertsteuersenkung sei zwar besser als gar keine Entlastung, aber kein gutes Instrument, kommentierte DIW-Präsident Marcel Fratzscher. Sie sei „teuer, nicht zielgenau und entlastet Menschen mit geringen Einkommen viel zu wenig“. Sinnvoller wäre gewesen, die Regierung hätte die Gasumlage selbst bezahlt und nicht zusätzliche Bürokratie und Unsicherheit geschaffen. Für Michael Holstein, Chefvolkswirt der DZ Bank, ist die Entlastung der Bürger „zwar gut für das Portemonnaie und damit positiv für die Konjunktur“. Andererseits sollten teure Energiekosten zum Sparen anregen. Größere Effekte, so Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer, hätte hier die Entlastung der Bürger über direkte Zahlungen statt über den Gaspreis entfaltet. Fratzscher forderte, die Bundesregierung müsse in einem dritten Entlastungspaket, das in den kommenden Wochen geschnürt werden soll, zielgenaue und direkte Transferzahlungen umsetzen – wie etwa ein Energiegeld von 100 Euro pro Monat und pro Person für Haushalte mit mittleren und geringen Einkommen.

Zudem kommen auf die Gaskunden unter Umständen weitere Umlagen zu: Laut Trading Hub Europe (THE), dem Gemeinschaftsunternehmen der Ferngas-Netzbetreiber, müssen Gasversorger vom 1. Oktober an auf jede von Haushalten verbrauchte Kilowattstunde Erdgas 0,57 Cent für Regelenergie zahlen, bei Unternehmen werden 0,39 Cent fällig. Die Höhe der Gasspeicherumlage wurde mit 0,059 Cent je Kilowattstunde festgelegt.

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