Meloni kritisiert Zinserhöhungen der EZB
bl/rec Mailand
Italiens neue Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hat sich in ihrer Regierungserklärung vor dem Abgeordnetenhaus zur Mitgliedschaft in der EU und zur Nato bekannt und Solidarität mit der Ukraine bekundet, aber Kritik an den jüngsten Zinserhöhungen durch die Europäische Zentralbank (EZB) geübt. Diese würden „von vielen als riskant angesehen“ und könnten „Auswirkungen auf die Kreditvergabe der Banken an Haushalte und Unternehmen haben“. Meloni fuhr fort, die Entscheidung komme außerdem zu der „bereits von derselben Zentralbank getroffenen Entscheidung hinzu, das Programm zum Ankauf von festverzinslichen Staatspapieren auf dem offenen Markt zum 1. Juli 2022 zu beenden, was für die Mitgliedstaaten, die wie wir eine hohe Staatsverschuldung haben, eine zusätzliche Schwierigkeit darstellt“.
Es ist nicht das erste Mal, dass die EZB Kritik von höchster politischer Stelle einstecken muss. Kürzlich ging schon Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf Konfrontation zu den Euro-Hütern: Er sehe „mit Sorge, dass viele Experten und bestimmte europäische Währungshüter uns erklären, dass wir die Nachfrage in Europa brechen müssen, um die Inflation besser einzudämmen“, sagte Macron in einem Interview.
Die EZB wird am Donnerstag aller Voraussicht nach die Leitzinsen ein weiteres Mal stark anheben. Grund ist die Inflation von knapp 10%.
Meloni stellte sich am Dienstagabend einer Vertrauensabstimmung, deren Ergebnis zu Redaktionsschluss noch nicht feststand. Angesichts der klaren Mehrheit ihres Rechtsbündnisses bestand kein Zweifel an einem Erfolg Melonis.
In ihrer Rede bekannte sich Meloni zur Einhaltung von Regeln innerhalb der EU, forderte aber die Änderung von Regelungen, „die nicht funktioniert haben“. Sie nannte den Stabilitäts- und Wachstumspakt, der reformiert werden soll. Inhaltlich liegt sie in vieler Hinsicht auf einer Linie mit Paris und fordert die Einrichtung einer europäischen Preisobergrenze für Gas sowie die Aufnahme gemeinsamer europäischer Schulden zur Bekämpfung der stark gestiegenen Energiepreise. Das europäische Wiederaufbauprogramm sieht Meloni als „außergewöhnliche Chance“ für die Modernisierung Italiens, forderte aber „Anpassungen“.
Meloni betrachtet ihre Rede als Programm für die kommenden fünf Jahre. Angesichts der aktuellen Lage seien nicht alle Maßnahmen, die man anstrebe, schon im nächsten Haushalt umzusetzen, sagte sie mit einem Seitenhieb auf Forderungen der Lega nach umfangreichen Steuersenkungen und Vorruhestandsregelungen. Sie will das Grundeinkommen abschaffen und stattdessen eine aktivere Arbeitsmarktpolitik betreiben. Außerdem sprach sich Meloni für weitere Schutzmaßnahmen gegen ausländische Übernahmen aus und strebt eine Verfassungsänderung an, um ein Präsidentialsystem nach französischem Vorbild einzuführen.