Merkel attackiert Lukaschenko
Reuters/dpa-afx Berlin/Minsk
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wirft Belarus ein gezieltes Einschleusen von Flüchtlingen nach Litauen vor und spricht von einem Angriff auf die ganze Europäische Union. Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko nutze Flüchtlinge aus dem Irak „in hybrider Form, um Sicherheit in Frage zu stellen. Das verurteilen wir auf das Schärfste“, sagte Merkel am Dienstag nach einem Treffen mit der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas. „Diese hybride Art der Auseinandersetzung, wie sie von Belarus benutzt wird, ist eine Attacke auf uns alle in der EU und nicht nur auf ein Land“, betonte Merkel.
Der Umgang Lukaschenkos mit Flüchtlingen in Reaktion auf Sanktionen gegen sein Land rückt immer stärker in den Fokus der EU. An diesem Mittwoch wollen die Innenminister der EU-Staaten über den Anstieg illegaler Grenzübertritte von Belarus nach Litauen und über ihr weiteres Vorgehen beraten. Kallas brachte in Berlin neue Sanktionen gegen Minsk ins Gespräch. Sie beklagte, dass die Flüchtlinge instrumentalisiert und als Waffe gegen die EU eingesetzt würden.
Merkel sagte, man werde mit Litauen solidarisch sein. Die Kanzlerin betonte, man werde auch mit den Herkunftsländern der Migranten wie Irak sprechen. Auch diese könnten kein Interesse daran haben, dass ihre Bürger als politisches Druckmittel benutzt werden. Derzeit seien die Flüge aus dem Irak nach Belarus ausgesetzt. Belarus wird vorgeworfen, bewusst Flüchtlinge nach Litauen zu schleusen, um die baltische Republik zu destabilisieren. Damit wolle man die Regierung in Vilnius bestrafen, weil diese belarussische Oppositionelle aufgenommen habe. Die litauische Regierung hat damit begonnen, einen 550 Kilometer langen Grenzzaun zu Belarus zu errichten.
Aktivist verurteilt
Ein Gericht in Belarus hat den politischen Gefangenen Stepan Latypow zu achteinhalb Jahren Straflager unter besonders harten Haftbedingungen verurteilt. Der 41-Jährige hatte im Juni einen Suizidversuch vor Gericht unternommen. Er soll bei seiner Festnahme im September vergangenen Jahres Widerstand geleistet haben. Vorgeworfen wurde dem Kleinunternehmer auch, die Proteste gegen Lukaschenko mit organisiert zu haben. Die Menschenrechtsorganisation Wesna stufte ihn nach dem umstrittenen Urteil als Opfer von Justiz-Willkür in Belarus ein. In dem Land gibt es mehr als 600 politische Gefangene, die 2020 gegen den als „letzten Diktator Europas“ kritisierten Lukaschenko protestiert hatten.
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