LEITARTIKEL

Merkel schafft es nicht

Die deutsche Flüchtlingspolitik unter der Richtlinienkompetenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird immer mehr zum Alptraum und zu allem Überfluss auch noch zur Lachnummer. Wäre das Thema nicht so ernst, könnte man das Koalitionschaos um den...

Merkel schafft es nicht

Die deutsche Flüchtlingspolitik unter der Richtlinienkompetenz von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird immer mehr zum Alptraum und zu allem Überfluss auch noch zur Lachnummer. Wäre das Thema nicht so ernst, könnte man das Koalitionschaos um den Familiennachzug für nachrangig schutzberechtigte Flüchtlinge fast für eine Karnevalsklamotte halten: Die SPD-Verantwortlichen haben das Asylpaket II beschlossen, aber offenbar nicht gelesen.Der handwerkliche Dilettantismus und der Streit innerhalb der “SPD-Doppelspitze Sigmar und Gabriel” (so spottete der Grüne Jürgen Trittin) markieren indes nur das jüngste Fiasko in den Berliner Versuchen, die aktuelle Völkerwanderung zu bewältigen. Wenige Tage zuvor hatte Merkel selbst eine in ihrer Rigorosität, eingedenk monatelanger “Wir schaffen das”-Parolen aber auch an Peinlichkeit kaum zu übertreffende Wende von der Willkommenskultur zur Abweisungspolitik vollzogen: “Wir erwarten, dass wenn wieder Frieden in Syrien ist und wenn der IS (Islamischer Staat, Anm. d. Red.) im Irak besiegt ist, dass” – man beachte die vertraute Anrede – “ihr auch wieder, mit dem Wissen, was ihr jetzt bei uns bekommen habt, in eure Heimat zurückgeht.” Die Kautelen dieser Botschaft sind freilich auch nicht gerade Selbstläufer.Merkel war – grob geschätzt – in der ersten Hälfte ihrer gut zehnjährigen Kanzlerschaft eine erfolgreiche und weithin anerkannte Regierungschefin. In der zweiten Hälfte und zunehmend vor allem seit dem vorigen Jahr hat sie bei allen unbestreitbaren Verdiensten, namentlich um den europäischen Zusammenhalt, “Historisches” leider auch in anderer Hinsicht geleistet. Nicht nur machte sie erst in der Euro-Staatsschuldenkrise (No-Bail-out-Klausel) und dann in der Migrationskrise (Grenzsicherung) den Rechtsbruch salonfähig. Nicht nur hat sie, die mit ihrem Amtseid schwor, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, mit ihrer Politik geradezu des Anwerbens von Flüchtlingen massenhafte Einreisen auch ohne Identitätskontrollen zugelassen, von nachhaltigen Sicherheitsüberprüfungen ganz zu schweigen – ein im Januar in Frankreich erschossener mutmaßlicher Terrorist kam aus einer Asylbewerberunterkunft in Recklinghausen, um nur ein Beispiel zu nennen. Deutschland hat die Hoheit darüber verloren, was auf seinem Staatsgebiet vor sich geht, keineswegs allein in Köln und anderen einschlägig bekannten Orten. Nicht nur die Gesellschaft fühlt sich in dieser Situation mit Recht überfordert, vor allem die Politik ist es. Wir schaffen das? Merkel schafft es nicht.Die Bundeskanzlerin hat es geschafft, gleichzeitig die von ihr geführte Regierung, ihre Partei und die Unionsfraktion im Bundestag, die deutsche Gesellschaft und Europa zu spalten. Dass ein Kabinettsmitglied, hier Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), ungestraft öffentlich auf Distanz zur Politik der Kanzlerin geht und deren Amtsführung kritisiert, dürfte ein Novum sein. Dass sich Dutzende Bundestagsabgeordnete der Union coram publico über die Politik der CDU- und Regierungschefin beklagen und die Rechtswidrigkeit dieser Politik insinuieren, dass obendrein ein Koalitionspartner, die CSU, mit der Idee schwanger geht, die offiziell von ihr mitgetragene Regierung beim Bundesverfassungsgericht zu verklagen, und Merkel – so erst am Dienstag der Parteivorsitzende Horst Seehofer – gar “eine Herrschaft des Unrechts” vorwirft, hatten wir, soweit erinnerlich, in der Bundesrepublik zuvor auch noch nicht.Wie Merkel mit ihrer Politik die deutsche Gesellschaft spaltet und zugleich grob fahrlässig eine Radikalisierung an den Rändern begünstigt, kann allabendlich in den Fernsehnachrichten verfolgt und absehbar an den Ergebnissen der Landtagswahlen am 13. März (Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt) dann auch in Prozenten und Sitzen gemessen werden. Es ist eine “kopflose Flüchtlingspolitik, die zudem rassistischen und rechtsextremen Kräften, die sie bekämpfen will, Vorschub leistet”, schrieb die Schriftstellerin Monika Maron in einem fulminanten Beitrag in der FAZ im Namen derer, “die weder mit Pegida spazieren gehen noch die AfD wählen wollen und trotzdem davon überzeugt sind, dass ein nicht absehbarer Flüchtlingsstrom Deutschland (…) in seinem politischen und kulturellen Fundament gefährdet”.In Europa schließlich hat Merkel mit ihrer Politik der offenen Tür Deutschland weitestgehend in die Isolation geführt. “Schengen” ist faktisch schon gescheitert. Die Gefahr, dass die EU nicht nur neue Binnengrenzen erhält, sondern als Folge der Migrationskrise und des lausigen deutschen Krisenmanagements politisch und ökonomisch komplett zerbricht, ist in hohem Maße real.——–Von Bernd WittkowskiDie Kanzlerin hat es geschafft, gleichzeitig die von ihr geführte Regierung, ihre Partei und die Unionsfraktion, die deutsche Gesellschaft und Europa zu spalten.——-