Merkel setzt auf Wirtschaftsminister

Kanzlerin sieht Ministerium als Kraftzentrum der sozialen Marktwirtschaft - Parteitag segnet Koalition ab

Merkel setzt auf Wirtschaftsminister

Ein CDU-Sonderparteitag hat mit großer Mehrheit für den mit CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag gestimmt. Parteichefin Angela Merkel hat zugleich das interne Schlechtreden des Wirtschaftsministeriums kritisiert, das in Zukunft statt des Finanzressorts von der CDU geführt wird. ge Berlin – Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sieht die Übernahme des Wirtschaftsministeriums im Fall einer neuen großen Koalition als große Chance für die CDU. Dieses Ressort sei das eigentliche “Kraftzentrum der sozialen Marktwirtschaft”, sagte Merkel gestern auf dem Sonderparteitag der CDU und reagierte damit auf parteiinterne Kritik. Wenn die Amtsinhaber in den vergangenen Jahrzehnten Chancen nicht genutzt hätten, sei es an der CDU, dies zu ändern. “Es liegt an uns, daraus etwas zu machen”, sagte sie nach Kritik des Wirtschaftsflügels der Union, der den Verlust des Finanzministeriums beklagt und die Bedeutung des Wirtschaftsressorts heruntergeredet hatte. Diese Kritik sehe sie mit “etwas Befremden”. Stundenlange Debatte Nach stundenlanger Debatte stimmte gestern eine große Mehrheit – gegen etwa zwei Dutzende Gegenstimmen unter den 1 000 Parteitagsdelegierten – für den mit CSU und SPD ausgehandelten Koalitionsvertrag. Zugleich wurde die bisherige saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer mit 98,87 % der gültigen Stimmen zur neuen CDU-Generalsekretärin gewählt.Insgesamt habe die Union zentrale Punkte ihres Wahlprogramms durchsetzen können, hatte Merkel zuvor für den Koalitionsvertrag geworben. Die CDU müsse fünf Monate nach der Bundestagswahl den Weg freimachen für eine “stabile, handlungsfähige Bundesregierung” unter ihrer Führung. “Politische Verantwortung ist etwas, was über die Grenzen der eigenen Partei hinausweist. Das ist kein Spiel”, warnte sie mit Blick auf die lange Phase von Sondierungen und Koalitionsverhandlungen. Eine Bemerkung, die an die SPD genauso gerichtet war wie an die FDP, die die Jamaika-Sondierungen hatte platzen lassen.Vor allem bei Sicherheit, Bildung, der Förderung von Familien und Reformen bei der Rente hätten CDU und CSU Standards gesetzt, sagte Merkel. “Null Toleranz heißt unser Motto”, sagte Merkel etwa beim Thema innere Sicherheit. Das mit ihrem Vertrauten Ex-Kanzleramtsminister Peter Altmaier neu zu besetzende Wirtschaftsministerium sei für Europa, Handel, Entbürokratisierung und Energie zuständig, so Merkel. Die Union habe die Chance, mit diesem Ressort die soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert neu zu definieren – was eine “Riesenaufgabe” sei. Auch sie bedauere den Verlust des Finanzministeriums, das an die SPD geht. Die CDU habe aber an dieser Frage die Koalitionsverhandlungen nicht scheitern lassen wollen. Zum geplanten Breitbandausbau sagte die Kanzlerin, dass ein Internetanschluss wie Wasser und Strom zur Daseinsvorsorge der Bürger gehöre.Nach der Zustimmung der CDU zum Koalitionsvertrag appellierte Merkel an die SPD, nun ebenfalls den Weg für die Bildung einer Regierung freizumachen. “Jetzt kann ich zur SPD nur sagen: Ich hoffe einfach, dass auch viele SPD-Mitglieder die Verantwortung verspüren, dass Deutschland eine gute Regierung braucht”, sagte Merkel in einem RTL-Interview. Die SPD-Mitglieder stimmen derzeit über den Koalitionsvertrag ab. Das Ergebnis soll am 4. März bekannt gegeben werden.Die neue “Generälin” Kramp-Karrenbauer kündigte auf dem Sonderparteitag zugleich eine breite inhaltliche Erneuerung der Partei an. Unter großem Applaus erklärte sie, alle Flügel der Partei in eine programmatische Debatte integrieren zu wollen. Bis 2021 solle daraus ein neues Grundsatzprogramm entstehen, das dann auch Wahlprogramm werden soll. Zumindest personell hat Merkel mit der Ernennung von Kramp-Karrenbauer und einigen jungen, teilweise weiblichen Ministerkandidaten die Erneuerung schon angeschoben. So soll mit dem 37-jährigen Jens Spahn einer ihrer schärfsten internen Kritiker Gesundheitsminister werden, wie Merkel bereits am Sonntag angekündigt hatte. Die 46-jährige Anja Karliczek wurde zur künftigen Bildungs- und Forschungsministerin ernannt. Die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner soll das Landwirtschaftsressort übernehmen.