Merkel stellt sich hinter Wirtschaft

Verschuldung als Antwort auf die Krise - "Das Geld muss möglichst schnell ausgegeben werden"

Merkel stellt sich hinter Wirtschaft

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht eine wesentliche Regierungsaufgabe in der Coronakrise darin, die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Ein erster Lichtblick zeichnet sich bei der Konjunkturprognose der Regierung am Dienstag ab. Finanziell kann Deutschland Merkel zufolge die Hilfen schultern. wf Berlin – Die Bundesregierung will Finanzhilfen in der Coronakrise aus dem EU-Wiederaufbaufonds von voraussichtlich 22 Mrd. Euro und aus weiteren EU-Quellen zügig beantragen. Die Mittel sollen hierzulande vor allem in noch nicht finanzierte Ausgaben aus dem Corona-Konjunkturprogramm sowie in Digitalisierung und Klimaschutz, darunter in die Wasserstofftechnologie, fließen. Dies machte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer traditionellen Sommerpressekonferenz vor der Bundespressekonferenz deutlich. “Das Geld muss möglichst schnell ausgegeben werden”, sagte Merkel. Dies müsse noch voll in die Zeit des Wirtschaftseinbruchs fallen.Merkel stellte drei Felder ihrer Regierungsarbeit in den nächsten Monaten als zentral heraus, um die Folgen der Corona-Pandemie hierzulande zu bewältigen: Kinder dürften nicht Verlierer der Pandemie sein, die Wirtschaft müsse am Laufen bleiben oder ans Laufen gebracht werden, und der gesellschaftliche Zusammenhalt sei soweit wie möglich zu bewahren. Für Europa und die Zeit der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr hob Merkel die Vereinbarung mit Großbritannien nach dem Brexit und eine gemeinsame Lösung für die Asyl- und Migrationspolitik hervor.Die Kanzlerin zeigte sich optimistisch, dass die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag der Ratifizierung des EU-Wiederaufbaufonds über 750 Mrd. Euro zustimmen werde. “Ich habe auch deutlich gemacht: Für mich ist dies ein aus dieser speziellen Situation herauskommender einmaliger Kraftakt, der aber auch notwendig ist”, sagte die Kanzlerin. Deutschland habe in den vergangenen Jahren sehr sparsam und ordentlich gewirtschaftet. In den sozialen Sicherungssystemen seien Reserven angesammelt worden. “Das hilft uns jetzt, in diese Zeit hineinzugehen und die notwendigen Hilfen auch wirklich leisten zu können”, sagte Merkel.Dies sei auch der Grund ihres Einsatzes – zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron – für den “ungewöhnlichen Weg” gewesen, auch die Vergabe von Zuschüssen an EU-Länder durch die Brüsseler Kommission zuzulassen. Davon profitierten andere EU-Mitgliedsländer stärker als Deutschland: “Das ist auch richtig so, weil die Pandemie unverschuldet über alle Mitgliedstaaten gekommen ist.” Deutschland stelle damit seine Stärke und Fähigkeiten in den Dienst Europas. Trägt die Brücke?Merkel kennzeichnete die Unsicherheit, vor der die Regierung derzeit stehe. Bei jeder Entscheidung stelle sich die Frage: “Ist das eine Brücke, die auch dann tragen kann in die Zukunft?” Im Falle eine Pandemie sei dies besonders schwer zu entscheiden, weil das Ende nicht absehbar sei. Merkel ließ offen, ob die Situation “noch drei, zehn, zwölf oder fünfzehn Monate” dauere. Ein Impfstoff oder ein Medikament seien bislang nicht gefunden.”Insofern ist das schon eine nicht gekannte Herausforderung für unsere finanzielle Tragkraft”, sagte die Kanzlerin. Zugleich hält sie alle bisherigen Stützungsmaßnahmen für “absolut notwendig”. Sie zeigte sich überzeugt, dass alle bisherigen Entscheidungen der Bundesregierung auch finanzierbar seien. Es bleibe jeweils eine Abwägung, nicht zu weit in die Zukunft hineinzugehen, aber auch keine “monatliche Unsicherheit” zu schüren.Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kündigte für Dienstag die Veröffentlichung einer Interims-Konjunkturprognose der Bundesregierung an. Diese wird voraussichtlich um einige Zehntelpunkte angehoben, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters. Zuletzt hatte die Bundesregierung Ende April einen Einbruch der Wirtschaftskraft um 6,3 % in diesem Jahr in Aussicht gestellt. Nach den jüngsten Erwartungen dürfte nun nur noch eine Fünf vor dem Komma stehen.