Merkel zielt auf Wirtschaftsunion

Mehr Konvergenz in Europa bei zentraler Verantwortung der Mitgliedstaaten

Merkel zielt auf Wirtschaftsunion

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will die europäische Wirtschafts- und Währungsunion neu ausrichten und damit festigen. In Deutschland strebt sie nach Zusammenhalt in der Gesellschaft, einer starken industriellen Basis und einem Rechtsrahmen für die soziale Marktwirtschaft in Zeiten der Digitalisierung. wf Berlin – Nach dem erklärten Ende der akuten Finanzkrise geht Bundeskanzlerin Angela Merkel nun die langfristige Absicherung und Stabilität des Europäischen Währungsraums an. Dies stellte sie in ihrer ersten Regierungserklärung nach dem Start der neuen Bundesregierung in Berlin in Aussicht. Dies umfasse eine Bankenunion, eine Kapitalmarktunion und eine “abschließende Struktur der Zusammenarbeit im Euroraum”. Merkel nannte zwei zentrale Reformpunkte: die Weiterentwicklung des europäischen Stabilitätsmechanismus zu einem Europäischen Währungsfonds sowie die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, um die wirtschaftliche Konvergenz im Euroraum zu verbessern. Für Letztere will sie “gegebenenfalls auch zusätzliche Finanzmittel” bereitstellen. Merkel erinnerte daran, dass sich 19 Länder Europas nicht nur zu einer Währungs-, sondern auch zu einer Wirtschaftsunion zusammengefunden hätten. Von einer Wirtschaftsunion, die viel mehr sei als ein Binnenmarkt, sei Europa noch weit entfernt. Zugleich versicherte die Kanzlerin: “Natürlich bleibt aber die zentrale Verantwortung für die wirtschaftliche Stärke bei den Mitgliedstaaten.” Haftung und Kontrolle müssten immer Hand in Hand gehen. Das Fehlverhalten eines Landes könne die Entwicklung aller in Europa in Gefahr bringen, sagte Merkel unter Bezug auf die Finanzkrise. Damit sich dies nicht wiederhole, sei eine neue Gesamtarchitektur der Eurozone nötig. Zentrale Themen hierzulande sind für die neue Bundesregierung der Zusammenhalt der Gesellschaft, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in Zeiten der Digitalisierung und das Versprechen der Vollbeschäftigung bis 2025. “Deutschland braucht ein starkes industrielles Rückgrat”, sagte Merkel. Den Zusammenhalt fördern sollen umfassende Zusagen im Koalitionsvertrag für bessere Bildungschancen, zugunsten von Familien, bei der Rente und für bezahlbaren Wohnraum. Das Ziel der Vollbeschäftigung will die Bundesregierung mit einem Fachkräfte-Einwanderungsgesetz unterstützen. Ein “sozialer Arbeitsmarkt”, der gleichwohl durchlässig ist, soll Arbeitslose wieder in Beschäftigung bringen. Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verwies Merkel auf das Vorhaben, mit Frankreich ein modernes Unternehmenssteuerrecht zu entwickeln, sowie auf die geplante steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten und die Förderung von Start-ups. Im Energiesektor soll ein Klimaschutzgesetz, das auch das Ende der Kohleverstromung regelt, für Rechtssicherheit sorgen. Flächendeckende Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge lehnen Merkel wie auch die Fraktionschefin des Koalitionspartners SPD, Andrea Nahles, ab. Beiträge der Automobilindustrie seien “zwingend notwendig”, so Merkel. Marktwirtschaft gefordertDie sozial Marktwirtschaft müsse in Zeiten der Digitalisierung eine neue Bewährungsprobe bestehen, sagte Merkel. Aufgabe der Politik sei es, den richtigen Rahmen für die Verfügung über den Rohstoff “Daten” zu setzen – in Wettbewerbsfragen, im Steuerrecht und bei der Sicherung von Eigentumsrechten. Es komme darauf an, ein faires System des Dateneigentums zu schaffen, damit nicht private Monopole oder Staaten über die Daten verfügten.