Arbeitsmarkt

Mindestlohn wird kaum Jobs kosten

Der Mindestlohn steigt zum 1. Oktober auf 12 Euro. Das ist verbunden mit Sorgen um Arbeitsplatzverluste. Die Arbeitsagenturen beschwichtigen. Der Hauptgrund: der Arbeitskräftemangel.

Mindestlohn wird kaum Jobs kosten

ast Frankfurt

Die Arbeitsagenturen in Deutschland erwarten bei der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro zum 1. Oktober keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigung – anders als bei der Einführung des Mindestlohns im Jahr 2015. Das geht aus einer Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor.  Als Hauptgrund für die positive Einschätzung führen die Nürnberger Forscher den derzeitigen Arbeitskräftemangel an.

Während bei einer Befragung im Dezember 2014 immerhin knapp ein Fünftel der 155 regionalen Arbeitsagenturen negative Beschäftigungseffekte bei der Einführung des Mindestlohns erwartete, waren es im August nur 3,7%, die solche Bedenken äußerten. Dem gegenüber stehen 5,2% der Agenturen, die einen positiven Effekt erwarten. 2014 hatten sich nur 0,5% optimistisch zu Beschäftigungseffekten der Mindestlohneinführung geäußert. Das Gros – 91,1% der Arbeitsagenturen (2014: 80,2%) – jedoch erwartet insgesamt keine Auswirkungen auf die Beschäftigung. Ein leicht verändertes Bild zeigt sich beim Blick auf die geringfügige Beschäftigung. Demnach erwarten hier 15,9% der Arbeitsagenturen positive Effekte, 13,7% negative.

Bei der Einführung des Mindestlohns hatte es einer 2020 erschienenen IAB-Studie zufolge in der Tat einen negativen Beschäftigungseffekt gegeben. Dieser fiel mit 60000 verlorenen Jobs jedoch moderat aus und blieb deutlich unter den damals kursierenden Negativszenarien. Al­lerdings dürfte der Anstieg der Lohnsumme dem IAB zufolge in diesem Jahr deutlich höher liegen als 2015 bei der Einführung. „Betrachtet man nur diese Größe, so wäre diesmal ein größerer negativer Beschäftigungseffekt zu erwarten als damals“, heißt es vom IAB. Zudem gibt es branchenspezifische Unterschiede. Gerade im Niedriglohnsektor, der die Erhöhung im Oktober wohl am deutlichsten zu spüren bekommen wird, sind viele Firmen bereits durch die Coronakrise finanziell belastet. Das könne etwaige Nebenwirkungen auf die Beschäftigung verstärken, mahnen die Forscher.

Mangel stützt Nachfrage

„Die stark gestiegene Knappheit am Arbeitsmarkt trägt dazu bei, dass die Mindestlohnerhöhung die betriebliche Nachfrage nach Arbeitskräften weniger stark dämpft. Arbeitskräfte werden gehalten oder hätten bessere Jobchancen, falls es doch zu Entlassungen kommt“, sagte Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen. „Sollte sich die realwirtschaftliche und geopolitische Situation nochmals massiv verschlechtern, würde dies den Arbeitskräftebedarf dämpfen. Die anstehende Erhöhung des Mindestlohns könnte sich dann negativer auf die Beschäftigung auswirken“, sagte Christian Hutter, Mitautor der Studie.

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