Bundesbank

Nagel betont Chancen eines digitalen Euro

Bundesbankpräsident Joachim Nagel äußert sich erstmals umfassend zur Einführung eines digitalen Euro. Er betont die Chancen und zeigt sich zuversichtlich, dass die Risiken handhabbar seien.

Nagel betont Chancen eines digitalen Euro

ms Frankfurt

Bundesbankpräsident Joachim Nagel plädiert für die Einführung eines digitalen Euro und wirbt dafür, mehr über die damit verbundenen Chancen statt nur über die Risiken zu sprechen – auch wenn es Risiken gebe und diese adressiert werden müssten. „In meinen Augen sollten wir die Chancen nutzen, die sich mit digitalem Zentralbankgeld bieten. Es hat große Potenziale“, sagte Nagel am Montagabend bei einer Rede zum digitalen Euro in Frankfurt, seiner ersten großen Rede zu dem Thema seit Amtsantritt Anfang 2022. Als einen wichtigen Vorteil sieht Nagel beispielsweise die Möglichkeit, die Souveränität Europas im Zahlungsverkehr zu stärken.

Mit seinen Aussagen schlägt Nagel einen leicht positiveren Ton zu dem Projekt an als sein Vorgänger Jens Weidmann. Inhaltlich decken sich zwar viele Botschaften und Argumente zu Chancen und Risiken einer digitalen Variante des Euro – insofern gibt es keinen Bruch in der Position der Bundesbank. Während Weidmann aber oft stärker die Risiken betont hatte, insbesondere die Gefahr eines digitalen Bank-Runs, hebt Nagel nun verstärkt die möglichen Vorteile hervor. Zudem spricht er sich klar für die Einführung aus.

EZB mitten in Untersuchung

Bislang ist zwar keine Entscheidung für die Einführung eines digitalen Euro gefallen. Aber die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Arbeit an dem Thema deutlich intensiviert, und verbreitet gilt es als ausgemachte Sache, dass es so kommt. In diesen Tagen ende das erste Jahr einer zweijährigen Untersuchungsphase. Zugleich wird im Euroraum wie weltweit teils über Notwendigkeit und Nutzen digitalen Zentralbankgeldes gestritten. Kritiker be­fürchten insbesondere Nachteile für die Finanzstabilität.

„Der digitale Euro bietet eine ganze Reihe an Chancen“, sagte Nagel nun bei einer gemeinsamen Veranstaltung des Center for Financial Studies (CFS) und des Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) in Frankfurt. Es gebe folglich „gute Gründe, dass das Eurosystem eine Einführung untersucht“, so der Bundesbankchef: „Die Vorteile ergeben sich aus mehreren Perspektiven.“ Konkret hob Nagel dabei die geld- und währungspolitische Sicht und den Zahlungsverkehr hervor.

„Aus geld- und währungspolitischer Sicht ist die Einführung eines digitalen Euro eine Maßnahme, die auch in einer zunehmend digitalisierten Welt die Ankerfunktion des Zentralbankgelds sichert“, so Nagel. Je weniger Bargeld genutzt würde, desto schwächer würde ohne die Möglichkeit, digitale Zahlungen mit staatlichem Geld durchzuführen, die Erinnerung daran, dass privates Geschäftsbankengeld jederzeit 1:1 in Zentralbankgeld umgetauscht werden könne, so der Bundesbankchef.

Zudem könne der digitale Euro auf dem Gebiet des Zahlungsverkehrs „den Fortschritt unterstützen und die Souveränität Europas erhöhen“. „Bisher existiert keine einheitliche, grenzüberschreitende Lösung für Zahlungen im E-Commerce oder mit Karte für den Euroraum, die auf europäischer Infrastruktur aufbaut“, so Nagel. „Um dieses Defizit zu überwinden, könnte das Eurosystem möglicherweise auch an Arbeiten der privatwirtschaftlichen ,European Payments Initiative’ anknüpfen.“

Als die zwei wesentlichen Risiken nannte Nagel – ähnlich wie Weidmann früher – die Gefahr eines digitalen Bank-Runs in Krisenzeiten und das Risiko, dass Banken Einlagen verlieren, wenn Kunden umschichten. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass diese Risiken „handhabbar“ seien. Als mögliche Lösungen nannte auch er feste Bestandsobergrenzen oder eine gestaffelte Verzinsung. In jedem Fall sollten solche Risiken nicht die Wahrnehmung des digitalen Euro prägen, sagte Nagel.

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