Nah dran an Banken und Politik - und doch unabhängig
Von Detlef Fechtner, FrankfurtSchon seit Jahren profitiert der Finanzplatz Frankfurt nicht nur von der Nähe zu Aufsichtsbehörden und von der Präsenz der Banken am Main, sondern auch von der internationalen Reputation der heimischen Finanzforschung. Viele Aktivitäten davon sind mittlerweile im House of Finance gebündelt. Die Aufnahme des darin beheimateten Forschungszentrums SAFE (Sustainable Architecture for Finance in Europe) an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in die Leibniz-Gemeinschaft ab Januar gibt der Forschungsinfrastruktur nun eine neue Grundlage.Die Anerkennung als Leibniz-Institut dürfte es dem SAFE erleichtern, einem seiner Grundwerte – nämlich der Unabhängigkeit – treu zu bleiben. Durch den Übergang vom durch das Land Hessen geförderten Loewe-Zentrum zum gemeinsam von Bund und Ländern unterstützten Leibniz-Institut verbreitert sich die Finanzierungsgrundlage. Die kaufmännische Direktorin Muriel Büsser sieht in der langfristigen Perspektive zusätzliche Chancen, Vorhaben zu starten, die aus der Natur der Sache heraus einen längeren Atem erfordern, etwa den Aufbau eigener Datensätze durch Digitalisierung und Aufbereitung analoger Quellen. Wenn dies gelingt, müssten Wissenschaftler nicht länger bei der Auswertung von Banken- und Kapitalmarktdaten auf amerikanische Kennziffern zurückgreifen, wie es heute in Ermangelung einer robusten europäischen Datenbasis der Fall sei.Vieles wird freilich beim Alten bleiben. Die Marke SAFE wird erhalten. Vor allem werde SAFE an der “integrierten Struktur” festhalten, unterstreicht Jan Pieter Krahnen, der wissenschaftliche Direktor des künftigen Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE. Und es wird sich auch nichts daran ändern, dass sich das Institut sowohl “erstklassige Forschung” als auch “Unterstützung der europäischen Geld- und Finanzmarktpolitik bei der Bewältigung aktueller Herausforderungen” als Ziele setzt. In anderen Worten: Forschung und Politikberatung – eben nicht im Elfenbeinturm, sondern nah dran an Banken und Finanzpolitik. In der Tat befassen sich die Wissenschaftler am SAFE – verglichen mit anderen Instituten mit makroökonomischer Orientierung – nicht nur mit Fragen zum großen Ganzen, sondern auch mit sehr granularen und detaillierten Themen der Finanzmarktregulierung. Nicht zufällig sind sie daher häufig als Berater politischer Institutionen gefragt – sei es bei der Bewertung der gesamt- und finanzwirtschaftlichen Effekte europäischer Regulierung für das Bundesfinanzministerium oder bei der Analyse der Folgen des Brexit auf die EU-Finanzmarktregulierung für den Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments. Argumente statt MeinungenEs gehört dabei zum Selbstverständnis des Forschungszentrums, starke Argumente zu bieten, nicht Positionen zu vertreten. Zu den drei Grundwerten des Zentrums gehöre daher neben Unabhängigkeit und Forschungsexzellenz auch Pluralität, unterstreicht Krahnen. Pluralität bedeute, dass es SAFE darum gehe, Debatten zu führen, nicht Meinungen zu präsentieren.Zudem stellt der Professor für Kreditwirtschaft und Finanzierung klar, dass sich das S für “Sustainable” in dem Akronym SAFE nicht allein auf Krisenresistenz konzentriere. Es gehe darum, einen wissenschaftlichen Beitrag zur Stärkung eines Finanzwesens zu schaffen, das nicht nur stabil und krisenfest ist, sondern auch im weiteren Sinn nachhaltig aufgestellt – also Akzeptanz in der Gesellschaft habe.Alle sieben Jahre wird sich das SAFE, so wie alle Leibniz-Institute, einer Evaluation unterziehen. Aber auch das sehen Krahnen und Büsser als Vorteil. Denn es stärke “die Ambition für die Gruppenleistung” und führe die Teams der sechs Forschungsabteilungen (siehe Grafik) noch enger zusammen.