Nervosität in Italien nimmt zu

Stabilität der Regierung wegen Rücktritt von 5-Sterne-Chef in Gefahr - Vor wichtigen Regionalwahlen

Nervosität in Italien nimmt zu

Die Unsicherheit um Italien nimmt nach dem Rücktritt von 5-Sterne-Chef Luigi Di Maio zu. Zwar sieht Premierminister Giuseppe Conte keine Auswirkungen auf die Regierung. Doch die Finanzmärkte reagierten nervös. Außerdem stehen wichtige Regionalwahlen an.bl Mailand – Nach dem Rücktritt des 5-Sterne-Chefs Luigi Di Maio als Parteichef wächst die politische Unsicherheit um Italien. Zwar spielen die Koalitionspartner der Partei in der Regierung, insbesondere der sozialdemokratische Partito Democratico (PD), die Bedeutung des Rückzugs des Außenministers als 5-Sterne-Chef herunter. Doch Bankenwerte an der Mailänder Börse verloren kräftig an Boden und auch der Zinsabstand zwischen deutschen und italienischen zehnjährigen Staatsbonds stieg auf bis zu 170 Basispunkte.Viele Beobachter glauben, dass die Zukunft der Mitte-links-Regierung vom Ausgang der Regionalwahlen am Sonntag in Kalabrien und in der Emilia-Romagna abhängt. In der seit Jahrzehnten von der politischen Linken regierten norditalienischen Region liefern sich Linke und Rechte ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Sollte es dem rechtsnationalen Lega-Chef Matteo Salvini gelingen, die Wahlen dort zu gewinnen, könnte die Regierung fallen. Bei möglichen Neuwahlen auf nationaler Ebene wäre das Bündnis aus Lega, den neofaschistischen Fratelli d’Italia und der Berlusconi-Partei Forza Italia Umfragen zufolge klarer Favorit.Der Rückzug Di Maios hatte sich abgezeichnet, weil der 2017 gewählte 5-Sterne-Chef intern immer mehr Unterstützung verlor. Die Partei, die bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus vom März 2018 mit 32,7 % der Stimmen die meisten Abgeordneten gewonnen hatte, verlor seither alle Wahlen. In der Emilia-Romagna, wo sie einem Bündnis mit dem PD eine Absage erteilt hat, droht ein Absturz auf 5 bis 7 %. Innerhalb der 5 Sterne gibt es diverse Strömungen. Während die Progressisten eine enge Anlehnung an die Linke befürworten, fordern die Souveränisten eher ein Bündnis an die Lega, mit der die 5 Sterne zwischen Mai 2018 und August 2019 regiert haben. Lega-Chef Matteo Salvini kündigte das Bündnis im August in der Hoffnung auf, nach Neuwahlen selbst Regierungschef zu werden. Stattdessen bildeten die 5 Sterne mit der PD eine neue Regierung. Intern zerstrittenNachdem die Spannungen innerhalb der 5 Sterne zuletzt immer mehr zugenommen haben, zog deren Gründer Beppe Grillo, der die Bewegung aus dem Hintergrund steuert, die Reißleine. Rund 30 Parlamentarier haben die Fraktion seit 2018 verlassen. Nicht nur auf nationalem Niveau ist die Bewegung zerstritten. In Rom stimmten am Dienstag zwölf Abgeordnete gegen die 5-Sterne-Bürgermeisterin Virginia Raggi, die damit eine heftige Abstimmungsniederlage kassierte. Crimi wohl InterimsnachfolgerNachfolger Di Maios, der Außenminister bleibt, soll vermutlich Vito Crimi, ein langjähriges Mitglied der Bewegung und derzeit Staatssekretär im Innenministerium, werden. Er soll die Bewegung zumindest bis zum großen Parteitag Mitte März in Turin führen. Grillo soll auch über ein Führungsteam nachdenken. Unterdessen dementierte der parteilose Regierungschef Giuseppe Conte, die Gründung einer eigenen Partei zu planen. Conte bedauerte Di Maios Rücktritt als Parteichef, respektiere ihn aber. Obwohl die Regierungspartner in fast jeder Frage zerstritten sind und sich trotz monatelanger Diskussionen noch immer nicht auf eine Justizreform einigen konnten, wollen weder Conte noch der PD in Di Maios Rückzug einen Vorboten für das Ende der Regierung sehen.Manche Beobachter glauben, dass der Rückzug Di Maios, dem viele unterstellen, wieder in ein Bündnis mit Salvini zu streben, nur taktischer Natur ist. Nach ihrer Ansicht könnte er schon im März wieder für den Parteivorsitz kandidieren. Der bisherige Parteichef erklärte vor Parteimitgliedern, es gehe eine Ära zu Ende. Er verwies auf “Erfolge” wie die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens, die Absenkung des Rentenalters und ein Antikorruptionsgesetz, gestand aber auch Misserfolge ein. Di Maio bekannte sich zur Fortsetzung der Regierung und forderte die Parteimitglieder auf, erst nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode Bilanz zu ziehen.