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Neue Kraft für Chinas Tech-Ambitionen

nh - In Zeiten der Coronakrise und des eskalierenden Technologiestreits zwischen China und den USA ist der Chefsessel des Pekinger Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) zum Stressposten par excellence geworden. Nun hat die...

Neue Kraft für Chinas Tech-Ambitionen

nh – In Zeiten der Coronakrise und des eskalierenden Technologiestreits zwischen China und den USA ist der Chefsessel des Pekinger Ministeriums für Industrie und Informationstechnologie (MIIT) zum Stressposten par excellence geworden. Nun hat die chinesische Regierung eine Neubesetzung erwirkt, nachdem der langjährige Amtsträger Miao Wei (65) die Pensionierungsgrenze für Ministerialposten erreicht hat. Neuer Indus-trie- und IT-Minister soll der 61-jährige hochrangige Staatsbeamte Xiao Yaqing werden, der zuletzt die China State Administration of Market Regulation anführte.Der als energiegeladen und durchsetzungsstark geltende Xiao übernimmt nun die Verantwortung für die industrielle und technologische Entwicklung der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft. Dies in einer Zeit, da China Globalisierungsbestrebungen notgedrungen zurückfahren muss und sich stärker als Selbstversorger beweisen will. Im Ringen mit Washington und mannigfaltigen US-Restriktionsmaßnahmen gilt es eine gewisse Autarkie in Hightech-Gefilden zu erreichen. Bestes Beispiel ist neben der Halbleiterbranche die Entwicklung von 5G-Telekommunikationsnetzen, wo die USA Weltmarktführer Huawei auszugrenzen versuchen.Das MIIT unter Miao hatte bereits eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung des ominösen industriepolitischen Schlachtplans “Made in China 2025” gespielt, mit dem die Ambition aufgestellt wurde, chinesische Unternehmen in zehn Hightech-Branchen von künstlicher Intelligenz (KI) über 5G und Robotik bis zu neuen Materialien in eine weltweite Führungsrolle zu dirigieren. Allerdings ist man mit nationalistischem Tech-Dominanzgehabe so heftig in den USA wie auch bei der EU angeeckt, dass Made in China 2025 als Leitmotiv wieder in der Versenkung verschwunden ist.Unter Xiao dürfte das MIIT weniger mit Dominanzparolen im internationalen Umfeld als mit konzentrierten Fördermaßnahmen zur technologischen Aufrüstung an heimischer Front zu glänzen versuchen. Knackpunkte, die ein aufwendiges Regulierungsgeschick erfordern, sind dabei die Lizenzierung von neuen Technologien etwa im KI-Bereich, die Entwicklung von 5G-Netzwerken und die heikle Materie der Steuerung des Elektroautomarktes.Xiaos Beamtenkarriere hat mit der erfolgreichen Sanierung des Staatsriesen Aluminium Corp. of China (Chinalco), den er zwischen 2000 und 2009 anführte, einen Schub erhalten, danach wurde er zum stellvertretenden Generalsekretär des Staatsrats, also des Regierungskabinetts, befördert. Im Jahr 2016 stieg Xiao dann weiter zum Chef der einflussreichen Behörde State-owned Assets Supervision and Administration Commission, die Chinas staatliche Industriekonglomerate überwacht, auf. Dort brachte er mit dem Konzept der “mixed ownership” von chinesischen Staatsriesen frischen Reformwind ein. In einem weiteren Karriereschritt übernahm Xiao dann Anfang des vergangenen Jahres den Chefposten der Marktregulierungsbehörde und wird nun als MIIT-Chef in eine noch höhere Verantwortungsstufe treten.