Deutsche Konjunktur

Neue Risiken für „hervorragenden“ Arbeitsmarkt

Laut Bundesagentur für Arbeit setzt sich der Aufwärtstrend am deutschen Arbeitsmarkt fort. Das Statistische Bundesamt meldet fast so viele Erwerbstätige wie vor der Coronakrise.

Neue Risiken für „hervorragenden“ Arbeitsmarkt

BZ Frankfurt

Der deutsche Arbeitsmarkt hat die Coronakrise weitgehend abgeschüttelt und seinen Aufwärtstrend im Februar fortgesetzt. In den „wirklich hervorragenden Da­ten“ sei der Ukraine-Krieg aber noch nicht abgebildet, sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele. Die Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland für deutsche Unternehmen seien schwer abzuschätzen. Trotz der Omikron-Welle des Coronavirus nähert sich laut Statistischem Bundesamt (Destatis) die Zahl der Erwerbstätigen ihrem Vorkrisenniveau.

Die Arbeitslosenzahl ging im Februar um 34000 auf 2,428 Millionen zurück. Das waren laut BA 476000 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote fiel um 0,1 Punkte auf 5,3%. Unter Herausrechnung der jahreszeitlichen Schwankungen seien im Februar 33000 Menschen mehr erwerbstätig gewesen als im Januar. Auch die Kurzarbeit gehe entgegen den eigenen Erwartungen weiter zurück. Dank des Kurzarbeitergeldes hält die BA mögliche Einbrüche in einzelnen Branchen wegen des Ukraine-Kriegs für beherrschbar.

Nach vorläufigen Daten habe es im Dezember noch 641000 Kurzarbeitende gegeben, nach rund 690000 im November. „Offenbar haben viele Betriebe und Unternehmen aufgrund der Unsicherheit am Arbeitsmarkt Kurzarbeit vorsorglich angezeigt, diese aber dann nicht in Anspruch genommen“, sagte Arbeitsstaatssekretärin Leonie Gebers. Im Februar registrierte die BA noch 201000 vorsorgliche Anzeigen von Kurzarbeit.

Kurzfristig dürfe der Aufschwung am Arbeitsmarkt nach Einschätzung von KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib auch durch die russische Invasion in der Ukraine nicht ge­stoppt werden. „Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und die gegen Russland verhängten Sanktionen dürften zwar über die Verteuerung von Öl und Gas die Unternehmen und private Haushalte in Deutschland belasten“, sagte Köhler-Geib. „Aber es ist wenig wahrscheinlich, dass dies ausreicht, den Beschäftigungsaufschwung im Frühjahr zu verhindern.“ Mittelfristig seien neue Engpässe bei Rohstoffen oder sogar eine Rationierung der Gasversorgung Risiken für den Arbeitsmarkt.

Laut Destatis waren im Januar rund 45 Millionen Menschen er­werbs­tätig. Verglichen mit Dezember stieg ihre Zahl saisonbereinigt um 81000 Personen; das entspricht einem Plus von 0,2%. Sie liege damit zwar weiter unter ihrem Vorkrisenniveau. Allerdings fehlten nur noch 96000 Erwerbstätige (0,2%) zum Februar 2020, dem Monat vor Beginn der Coronakrise in Deutschland.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut DIW geht davon aus, dass die Zahl der Erwerbstätigen 2022 um voraussichtlich 370000 steigen wird. 2023 sollen weitere 280000 hinzukommen. „Die aktuellen wirtschaftlichen Einschränkungen beeinträchtigen den Arbeitsmarkt hierzulande kaum“, sagte DIW-Konjunkturexperte Simon Junker. „Betroffene DienstleisterInnen dürften die Umsatzflaute im Winter erneut vor allem mit Kurzarbeit auffangen.“

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