Haushalt

Neue Steuerschätzung bringt der Ampel kaum neue Spielräume

Der Bund kann laut neuer Steuerschätzung 2024 zwar mit 3,8 Mrd. Euro mehr Einnahmen rechnen als bislang gedacht. Neue Verteilungsspielräume sieht Finanzminister Christian Lindner dadurch allerdings nicht.

Neue Steuerschätzung bringt der Ampel kaum neue Spielräume

Steuerschätzung bringt Ampel kaum neue Spielräume

Lindner: Auch Energiepreismaßnahmen nur bei Gegenfinanzierung – Konjunkturschwäche zeigt sich – Sondereffekte

ahe Berlin

Der Bund kann für 2024 mit Steuereinnahmen von 356 Mrd. Euro rechnen. Das sind nicht nur knapp 6% mehr als in diesem Jahr, sondern auch 3,8 Mrd. Euro mehr als noch im Frühjahr prognostiziert. Dies ist das Ergebnis der neuen Steuerschätzung, die Bundesfinanzminister Christian Lindner am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Insgesamt kommen die Gebietskörperschaften im nächsten Jahr demzufolge auf 1,9 Mrd. Euro mehr Einnahmen als bisher erwartet.

Billionengrenze 2025 erreicht

Im laufenden Jahr sind es allerdings 4,5 Mrd. Euro weniger. Allein der Bund kann 2023 mit 3,6 Mrd. Euro weniger rechnen als noch im Mai geschätzt. Nach Angaben von Lindner dürfte dies maßgeblich auch auf die konjunkturelle Schwäche zurückzuführen sein.

Trotz der zu erwartenden Mehreinnahmen für den Bundeshaushalt im kommen Jahr sowie 2025 (5,3 Mrd. Euro), bezeichnete Lindner die neue Steuerschätzung als schlechte Nachricht für all diejenigen, die noch auf zusätzliche finanzielle Möglichkeiten gehofft hätten: "Neue Verteilungsspielräume gibt es nicht", betonte der FDP-Chef. Und mit Blick auf die laufenden Beratungen im Bundestag um den Haushalt 2024 warnte er: "Wenn im parlamentarischen Verfahren neue Ausgaben beschlossen werden sollen, dann muss an anderer Stelle gespart werden."

Dies gilt nach Worten des Finanzministers auch für Forderungen, am Stromspitzenausgleich für die energieintensive Industrie oder an der abgesenkten Mehrwertsteuer für Essen in der Gastronomie festzuhalten. Beides läuft zum Jahresende aus. Allein der Spitzenausgleich hätte ein Volumen von 1,55 Mrd. Euro. Lindner räumte ein, dass das energiepolitische Umfeld in Deutschland "ein Grund zur Sorge" sei und bestätigte, dass in der Koalition auch noch über den Spitzenausgleich und auch eine Senkung der Stromsteuer gesprochen werde. Es gebe aber bislang allerdings keine Einigung auf eine Finanzierung.

Das vom Kabinett beschlossene Wachstumschancengesetz, das auch milliardenschwere Steuererleichterungen für Unternehmen beinhaltet, ist in die neue Steuerschätzung noch nicht eingeflossen. Neu hinzugekommen gegenüber der letzten Schätzung sind dagegen das sogenannte Kita-Qualitätsgesetz und das Pauschalentlastungsgesetz, die dem Bund in diesem Jahr 5,8 Mrd. und im nächsten Jahr 2,9 Mrd. Euro kosten. Das Bundesfinanzministerium sprach in diesem Zusammenhang von einer Umverteilung vom Bund zugunsten der Länder.

Neu berücksichtigt ist auch ein Sondereffekt mit Blick auf Brüssel: Da es wohl spätere Mittelabflüsse aus den EU-Strukturfonds gibt, werden die Abführungen des Bundes an die EU bis 2025 geringer ausfallen als bislang erwartet. In den beiden Folgejahren stehen dann aber insgesamt knapp 9 Mrd. Euro an zusätzlichen Belastungen an.

Insgesamt steigen die Steuereinnahmen aller Gebietskörperschaften auch in den nächsten Jahren immer weiter an. 2025 wird laut den Schätzern mit 1.017 Mrd. Euro erstmals die Billionen-Euro-Marke übertroffen. Der Bund der Steuerzahler verwies darauf, dass die aktuelle Dynamik der Steuereinnahmen sogar noch höher sei als noch vor der Krise angenommen.

"Maßlose Ausgabenpolitik"

So habe die Herbst-Schätzung 2019 unter damals deutlich besseren Konjunkturannahmen die Einnahmen des Bundes für 2024 rund 10 Mrd. Euro niedriger angesetzt als die heutige Schätzung. Es gebe also kein Einnahmenproblem, aber ein Ausgabenproblem, so der Verband, der das Festhalten an der Schuldenbremse daher auch für unbedingt notwendig ansieht.

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian Haase, sprach von einer "maßlosen Ausgabenpolitik ohne Prioritäten", die trotz der Rekordeinnahmen 2024 zu einem Haushaltsloch von mindestens 15 bis 20 Mrd. Euro führen werde. "Die Koalition lebt über ihre Verhältnisse und verweigert sich der Realität", kritisierte er.

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