Neuer Vorschlag für künftige EU-Finanzen

Michel sucht Kompromiss - EU-Parlament empört

Neuer Vorschlag für künftige EU-Finanzen

ahe Brüssel – Eine Woche vor dem entscheidenden Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs hat EU-Ratspräsident Charles Michel einen neuen Kompromissvorschlag vorgelegt, wie der nächste mehrjährige EU-Haushaltsrahmen und der geplante Corona-Wiederaufbaufonds aussehen könnten. Michels Plan sieht einen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 von 1,074 Bill. Euro vor und damit gut 20 Mrd. Euro weniger als sein eigener Vorschlag aus dem Februar und als der jüngste Vorschlag der EU-Kommission. Michel kam zudem Deutschland und anderen Nettozahlern noch bei den Beitragsrabatten entgegen, die erhalten bleiben sollen. “Ich möchte eine Brücke zwischen den verschiedenen Meinungen bauen”, betonte der Belgier.Die Staats- und Regierungschefs wollen darüber am kommenden Freitag und Samstag in Brüssel beraten. Beim Wiederaufbaufonds, der an den EU-Haushalt angedockt werden soll, lässt der EU-Ratspräsident die Vorlage der Kommission vom Volumen (750 Mrd. Euro) unverändert, schraubt aber an den Details: Seinen Vorstellungen zufolge sollen von dieser Summe 560 Mrd. Euro in einen sogenannten “Aufbau- und Widerstandsfähigkeitsfonds” (RRF) fließen und 190 Mrd. Euro in diverse Programme wie Liquiditätshilfen, ländliche Entwicklung oder Gesundheitsausgaben. Von dem RRF wiederum sollten 310 Mrd. Euro als nicht rückzahlbare Zuschüsse, der Rest als Kredite bereitgestellt werden. Michel schlug zudem einen 5 Mrd. Euro schweren Fonds vor, um die Probleme der Wirtschaft nach dem Brexit besser auffangen zu können. Eine solche “Anpassungsreserve” sei nötig, betonte er.Aus den EU-Mitgliedsländern kamen gemischte erste Reaktionen auf das neue Kompromissangebot. Die Reaktionen aus dem EU-Parlament fielen hingegen nahezu geschlossen negativ aus, auch von deutschen Abgeordneten. Moritz Körner, der FDP-Haushaltsexperte im Parlament, bezeichnete den abgeschwächten Rechtsstaatsmechanismus im Etatrahmen als eine “Kriegserklärung an das Europäische Parlament”. Michel verschlimmere zudem die bereits modernisierungshemmende Prioritätensetzung der Kommission noch weiter. “Die Kürzungen werden die EU als Institution langfristig schwächen.”Auch für den CSU-Finanzexperten Markus Ferber fiel der Vorschlag “enttäuschend” aus. Am Ende stehe weniger Geld für wichtige Zukunftsinvestitionen wie Forschung zur Verfügung. Und SPD-Haushaltsexperte Jens Geier ergänzte: “Wir schneiden uns in Europa ins eigene Fleisch, wenn wir ausgerechnet erfolgreiche Programme mit hohem europäischem Mehrwert kürzen.” Dies sei “ökonomisch kurzsichtig und daher politisch Unsinn”.