Ostsee-Pipeline

Nord Stream 2 rückt näher

Die Fertigstellung der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 rückt durch den teilweisen Verzicht der US-Regierung auf Sanktionen näher. Nun wird diskutiert, was Deutschland im Gegenzug anbieten kann.

Nord Stream 2 rückt näher

rec Frankfurt

Die Fertigstellung der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 rückt durch den teilweisen Verzicht der US-Regierung auf Sanktionen näher. Aus „nationalem Interesse“ sieht die Regierung von Präsident Joe Biden von angedrohten Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft Nord Stream 2 und deren Chef Matthias Warnig ab – trotz ihres grundsätzlichen Widerstands gegen das deutsch-russische Energieprojekt. Damit wächst in Washington offenbar die Einsicht, das Projekt kaum noch verhindern zu können. Die Chancen rücke in immer weitere Ferne, sagte ein Regierungsmitarbeiter laut der Nachrichtenagentur Bloomberg vor Reportern.

Sanktionen, die auf Beteiligte auf deutscher Seite zielten, „würden die US-Beziehungen mit Deutschland, der EU und anderen europäischen Verbündeten und Partnern belasten“, heißt es in einem Bericht des US-Außenministeriums an den Kongress. Mit anderen Worten: Washington sieht mit Rücksicht auf das transatlantische Verhältnis von Strafen ab. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte das. „Natürlich ist Präsident Biden jetzt auch auf uns ein Stück im Nord-Stream 2-Konflikt zugegangen“, sagte Merkel. Nun werde man besprechen, wie man Gemeinsamkeiten im Verhältnis zu Russland und der Ukraine finden werde. Die Pipeline ist fast fertiggestellt; wenige Dutzend der mehr als 1200 Kilometer Rohre fehlen noch.

Auf die Frage, was Deutschland im Gegenzug anbieten könne, wich Merkel der Nachrichtenagentur Reuters zufolge aus. Sie verwies aber etwa darauf, dass sie ebenso wie Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet für einen weiter steigenden Rüstungsetat Deutschlands und die Übernahme von mehr Verantwortung in der Nato eintrete. Im Rahmen der G7-Staatengruppe werde man auch über eine gemeinsame Haltung zu China sprechen, mit dem Deutschland „extrem wirtschaftlich verbunden“ sei. Merkel betonte, dass Deutschland zu den USA ein sehr enges Verhältnis habe und Biden es einfacher mache, an Kooperationen anzuknüpfen. „Wir sind auch in bilateralen Gesprächen, gerade was die Intensivierung unserer Wirtschaftsbeziehungen anbelangt“, sagte sie.

Auch in Russland wurde der Verzicht der USA auf neue Sanktionen gegen Nord Stream 2 positiv aufgenommen. Damit seien zusätzliche Schwierigkeiten abgewendet, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge am Donnerstag: „Wir und auch unsere internationalen Partner in dem Projekt sind davon überzeugt, dass das Vorhaben keinem Druck von Seiten dritter Staaten ausgesetzt sein sollte.“ Die bisherigen Sanktionen seien illegal und verstießen gegen internationales Recht.

Mehrheit für Weiterbau

Einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Ost-Ausschusses der deutschen Wirtschaft zufolge sind in Deutschland 75% für den Weiterbau von Nord Stream 2, 17% dagegen. Am geringsten ist die Zustimmung zwar unter Anhängern der Grünen – aber auch bei diesen sind 69% für die Fertigstellung der Pipeline, 21% lehnen dies ab. Der Vorsitzende des Ost-Ausschusses, Oliver Hermes, sagte, dies sei „ein eindeutiger Auftrag an die jetzige und kommende Bundesregierung und die deutsche Politik insgesamt, sich Sanktionsforderungen gegen das Projekt nicht zu beugen“. Man müsse eine „milliardenteure Investitionsruine auf dem Grund der Ostsee“ vermeiden.