Notenbanker heizen Debatte über EU-Schulden an
ms Frankfurt
Führende Euro-Notenbanker heizen die Diskussion über eine gemeinsame Schuldenaufnahme in der EU auch über die Corona-Pandemie hinaus an. EZB-Direktoriumsmitglied Fabio Panetta sagte am Mittwoch, dass das Vertrauen der internationalen Investoren in den Euro gestärkt werden würde, wenn klar sei, dass eine gemeinsame Schuldenaufnahme wie jetzt in der Coronakrise auch bei künftigen Krisen erwartet werden könne. Tags zuvor hatte bereits Italiens Notenbankchef Ignazio Visco seinen Vorschlag bekräftigt, dass der 750 Mrd. Euro schwere Corona-Wiederaufbaufonds der EU den Weg ebnen solle für eine dauerhafte gemeinsame Schuldenaufnahme der Gemeinschaft.
Vor allem in Deutschland stößt eine Vergemeinschaftung der Schulden seit jeher auf viel Skepsis und große Teile der Öffentlichkeit und der Politik lehnen sogenannte Euroland-Bonds strikt ab. Unvergessen ist die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aus dem Jahr 2012, dass es eine gesamtschuldnerische Haftung nicht geben werde, „solange ich lebe“. In der durch die Pandemie ausgelösten Jahrhundertrezession hat die EU nun aber den Wiederaufbaufonds aufgelegt, der auch erstmalig vorsieht, dass die EU-Kommission in großem Stil Anleihen aufnimmt. Das ist zwar strikt als einmalige Maßnahme definiert worden. Aber viele fordern bereits, das zu einer Dauereinrichtung zu machen.
Visco sagte nun, dass eine dauerhafte gemeinsame Schuldenaufnahme der EU zu einer europäischen Kapitalmarktunion beitragen, die Effizienz der Geldpolitik erhöhen und es ermöglichen würde, dass der Euro seine Rolle als internationale Währung ganz ausfüllen könne. Auch sein Landsmann Panetta argumentierte nun insbesondere mit der internationalen Bedeutung des Euro.
Panetta äußerte sich bei der Vorstellung des jährlichen Berichts der Europäischen Zentralbank (EZB) zur internationalen Rolle des Euro. In dem Bericht heißt es auch, die Umsetzung des EU-Wiederaufbauplans und die gemeinsamen Anleiheemissionen seien „ein weiterer Schritt zur Schaffung eines gemeinsamen europäischen ‚Safe Asset‘“. Aber auch im EZB-Rat ist das Thema umstritten. Bundesbankpräsident Jens Weidmann etwa hat wiederholt dafür plädiert, dass eine gemeinsame EU-Schuldenaufnahme eine einmalige Krisenmaßnahme bleiben müsse.
Laut dem neuen EZB-Bericht hat der Euro im Pandemie-Jahr 2020 etwas an Bedeutung eingebüßt. Bereinigt um Wechselkursveränderungen sank etwa der Anteil des Euro an den weltweiten Währungsreserven leicht um 0,7 Prozentpunkte auf 21,2%. Der Dollar blieb mit rund 59% die mit Abstand am meisten genutzte Reservewährung.
Die EZB wertet die Entwicklung dennoch als Erfolg, weil anders als nach der Weltfinanzkrise 2008 oder in der Euro-Staatsschuldenkrise keine verbreitete Abkehr vom Euro stattgefunden habe. Die internationale Bedeutung des Euro liegt laut EZB aktuell über dem Niveau bei der Einführung 1999, sie ist aber weit entfernt von Werten wie Anfang und Mitte der 2000er Jahre. Die Euro-Staaten wollen eine stärkere internationale Rolle des Euro erreichen.
Laut EZB könnte die Einführung eines digitalen Euro ein Schritt sein, die globale Bedeutung der Gemeinschaftswährung zu erhöhen. Dabei gehe es um die für digitale Bezahlweisen wichtigen Merkmale wie geringe Kosten, Bündelungseffekte und Sicherheit. Das sei aber „nicht unbedingt ein Game Changer“. Entscheidend für die Attraktivität einer Währung blieben vor allem die fundamentalen Wirtschaftsfaktoren.