Notenbankexperten warnen EZB - Euro-Inflation sinkt unter 0 Prozent

Debatte über Reaktion der Euro-Hüter - Ex-BIZ-Chefökonom White hält Geldpolitik für überfordert

Notenbankexperten warnen EZB - Euro-Inflation sinkt unter 0 Prozent

ms Frankfurt – Trotz der erstmals seit der Weltwirtschaftskrise 2009 auf unter 0 % gesunkenen Inflationsrate im Euroraum haben sich führende Notenbankexperten gegen eine weitere Lockerung der Geldpolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB) ausgesprochen. “Es ist eine gefährliche Illusion zu glauben, dass die Geldpolitik allein die Konjunktur stimulieren kann nach einem schweren Wirtschaftseinbruch mit einem beschädigten Finanzsystem”, sagte William White, Ex-Chefvolkswirt der BIZ, der Zentralbank der Zentralbanken, der Börsen-Zeitung. Ex-EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark warnte, dass noch aggressivere Maßnahmen nur “die Basis für neue Übertreibungen und Krisen” schaffen würden.Wie White und Stark betonte auch die Wirtschaftsweise Isabel Schnabel, dass sie derzeit keine Gefahr einer sich selbst verstärkenden Deflationsspirale im Euroraum sehe. Dennoch bestünden Risiken – “vor allem für stark verschuldete Staaten und Unternehmen”. Die EZB könne nun nicht mehr hinter ihr “Versprechen” zurück, die Bilanz des Eurosystems um rund 1 000 Mrd. Euro auszuweiten. Um das zu erreichen, führe an Staatsanleihekäufen kein Weg vorbei. “Die Wirksamkeit der Maßnahmen im Hinblick auf das Erreichen des Inflationsziels ist jedoch ungewiss”, sagte sie der Börsen-Zeitung. Die Inflation im Euroraum ist im Dezember laut Eurostat auf -0,2 % gesunken. Damit ist sie erstmals seit Oktober 2009 negativ. Verantwortlich ist der starke Verfall der Ölpreise. In der Folge gaben die Energiepreise im Dezember um 6,3 % nach. Der Ölpreisrückgang setzte sich gestern fort. Erstmals seit fast sechs Jahren rutschte der Preis für Brent Crude unter 50 Dollar je Barrel.Der Rückgang der Inflation unter die Nulllinie befeuerte die Debatte über eine drohende Deflation und Erwartungen an neue Hilfen der EZB. An den Märkten gilt es inzwischen als nahezu ausgemachte Sache, dass die EZB auch in großem Stil Staatsanleihen kauft. Die nächste geldpolitische Sitzung steht am 22. Januar an.Ex-EZB-Chefvolkswirt Stark warnte vor Staatsanleihekäufen, die der Wirkung von Euroland-Bonds gleichkomme. Harsche Kritik äußerte er auch an der “gezielten Schwächung des Euro”, “mit der die EZB dem Ansatz früherer europäischer Schwachwährungsländer folgt”.Rückendeckung für eine weitere Lockerung gab es dagegen unter anderem vom Präsidenten des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, Marcel Fratzscher. “Ihr rechtliches Mandat verpflichtet die EZB zum Handeln”, sagte er der Börsen-Zeitung.——-Nebenstehende KommentareSchwerpunkte Seiten 5 und 13