Nur ein Hauch von Gründergeist in Deutschland
Nur ein Hauch von Gründergeist
KfW-Gründungsmonitor zeigt leichten Anstieg – Frauenanteil so hoch wie nie – Planungsquote sinkt
ba Frankfurt
Die Gründerszene in Deutschland zeigt sich eher lethargisch: Im vergangenen Jahr wagten zwar mehr Menschen den Sprung in die Selbständigkeit, doch die Ergebnisse des aktuellen KfW-Gründungsmonitors lassen darauf schließen, dass die Gründungstätigkeit in diesem Jahr zurückgeht.
Laut der Analyse von KfW Research stieg 2023 die Zahl der Existenzgründungen um 3% auf 568.000. Im Jahr zuvor gab es noch einen deutlichen Rücksetzer von 9%. „Gesamtwirtschaftlich gab es kaum Impulse für Existenzgründungen“, begründet KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib das unterm Strich verbleibende „kleine Plus“ bei der Zahl der Gründungen. „Sowohl Konjunktur als auch Arbeitsmarkt stagnierten und haben die Gründungstätigkeit weder besonders befördert noch belastet.“
Rückgang erwartet
Nachdem auch in diesem Jahr vom makroökonomischen Umfeld weiter wenig Rückenwind zu erwarten sei und 2023 deutlich weniger Gründungen geplant wurden, erwartet sie für das laufende Jahr einen Rückgang der Gründungstätigkeit. Jährlich würden etwa doppelt so viele Gründungspläne abgebrochen, wie Gründungen realisiert werden. „Wenn wir es schaffen, diese Abbruchquote zu reduzieren, wäre schon viel für die Gründungstätigkeit getan“, betont Köhler-Geib. Ein Schlüssel dafür sei Finanzwissen, mit dem viele Gründungshemmnisse seltener würden.
2023 planten 3,6% der Bevölkerung im Alter von 18 bis 64 Jahren aktiv eine Gründung. Im Jahr zuvor waren es allerdings noch 4,5%. Da der Prozess von der Idee bis zur Umsetzung einer Gründung im Durchschnitt mehrere Monate dauere, ist die Veränderung der Planungsquote gewöhnlich ein guter Indikator für die Entwicklung der Gründungsquote im Folgejahr. In den nächsten 12 Monaten würden von den geplanten Gründungen aber wahrscheinlich nur 2,2% realisiert, heißt es bei der KfW. Auch dies ist weniger als die 2,5% im Jahr zuvor. Neben der Bürokratie gelten die Sorgen vor dem finanziellen Risiko und zu geringer Einkommenssicherheit als größte Gründungshemmnisse. Die KfW-Chefvolkswirtin empfiehlt daher, die administrativen Anforderungen bei Gründungen zu reduzieren.
Frauenanteil hoch wie nie
Noch „Luft nach oben“ macht Köhler-Geib bei den Frauen aus: Der Anteil der Gründerinnen war zwar 2023 mit 44% so hoch wie nie – der langjährige Schnitt liegt bei 39%. Allerdings bewege sich der Anteil immer noch am oberen Rand der langjährigen Schwankungsbreite, mahnte die KfW-Chefvolkswirtin. Dass Frauen nur einen Anteil von 40% an den Vollerwerbsgründungen, aber von 46% bei den Nebenerwerbsgründungen haben, führt sie auf das herrschende Rollenverständnis zurück. So leisteten Frauen immer noch mehr Carearbeit als Männer. Und im internationalen Vergleich würden hierzulande zwar mehr Frauen arbeiten – aber eben vor allem in Teilzeit. Um aber Geschlechterklischees in Schule und Erziehung aufzubrechen, sei ein langer Atem notwendig. „Ein Quick-Win lässt sich allerdings erzielen, indem man erfolgreiche Gründerinnen sichtbarer macht, denn der positive Effekt unternehmerischer Rollenmodelle auf die Realisierung von Gründungen ist bei Frauen besonders stark“, sagte Köhler-Geib.
Die meisten Gründungen gab es 2023 erneut im Dienstleistungssektor mit knapp 70%, gefolgt vom Handel (22%) und dem produzierenden Gewerbe (9%). Dabei wurde abermals weniger im Vollerwerb gegründet – und zwar um 8%. Im Nebenerwerb gab es hingegen 11% mehr Gründungen. Mit 22% spielten digitale und zugleich internetbasierte Gründungen weiter eine große Rolle, auch wenn die Bedeutung stagniert.
Gründungsmuffel Sachsen-Anhalt
Innerhalb Deutschlands wurde vor allem in Hamburg (29%) die Anstellung gegen die Selbständigkeit getauscht, gefolgt von Nordrhein-Westfalen, Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen (je 25%). Den geringsten Hang zu diesem Schritt hatten Menschen in Sachsen-Anhalt (18%). Während bei 70% der Gründungen der eigene Finanzmitteleinsatz genügte, griffen 21% auf externes Kapital zurück. Dabei wurde der Kapitaleinsatz größer: Der Anteil der Gründer, die mehr als 10.000 Euro einsetzten, kletterte von 31% auf 38%. Gründungen, die nur mit Sachmitteln umgesetzt werden, sind der KfW zufolge „mit einem Anteil von nur 10% so selten wie noch nie“.
Die KfW erwartet für dieses Jahr einen Rückgang der Existenzgründungen. Einerseits, weil 2023 weniger Gründungen geplant wurden, andererseits fehlt noch konjunktureller Rückenwind. Der KfW-Gründungsmonitor macht aber auch Faktoren aus, die den Gründergeist wieder stärker beleben könnten.