Notiert inMailand

Oans, zwoa, gsuffa in Genua

Von den bayerischen Autoritäten anerkannt: Das Oktoberfest in Genua zieht alljährlich zweieinhalb Wochen lang tausende von Italienern an. Ausgeschenkt wird Bier des staatlichen Hofbräuhaus München.

Oans, zwoa, gsuffa in Genua

Notiert in Mailand

Oans, zwoa, gsuffa in Genua

Das Oktoberfest ist fester Bestandteil des Kalenders in der Hafenstadt

Von Gerhard Bläske

Der Herbst ist in diesem Jahr ungewöhnlich früh eingezogen in Italien. Doch nach der Abkühlung geht es mit den Temperaturen inzwischen wieder leicht bergauf. Die große Hitze ist jedoch vorbei. Der Alltag kehrt langsam wieder ein. Die Italiener sind an ihre Arbeitsplätze zurückgekehrt. Und die Schüler müssen nach mehr als drei Monaten Ferien auf die Schulbänke zurück. Nur in Südtirol hat der Unterricht schon früher begonnen.

Ein bisschen Ablenkung bringen die vielen Feste zur rientro. Viele Eltern feiern gemeinsam mit ihren Kindern bei üppigen Abendessen die Rückkehr zum „normalen“ Leben. Da geht es oft bis spätnachts hoch her – ähnlich wie beim Oktoberfest in Genua. Da wird bis um ein Uhr nachts – und damit deutlich länger als auf der echten Wiesn in München – getanzt und getrunken. Bands aus Österreich wie die „Die Schweinhaxen“ (!), „Die Klobnstoana“ oder „Andy und 10 Lowen“ aus dem Chiemgau heizen kräftig ein: Mit Wiesn-Klassikern wie „Sweet Caroline“, aber auch „Viva Colonia“ oder „Skandal im Sperrbezirk“. Die Texte versteht kaum einer der begeistert feiernden Italiener, aber dank eines Einpeitschers, der die richtigen Tanzbewegungen vormacht, kann jeder mitmachen. Zweieinhalb Wochen, bis zum 22. September, dauert das Spektakel.

Immerhin: Das „Prosit der Gemütlichkeit“ geht vielen schon ganz gut über die Lippen. Beim „Oans, zwoa, gsuffa“ müssen viele passen. Nach der zweiten Maß für 12,50 Euro ist das aber auch egal. Als Grundlage gereicht werden Brezn, Haxn, Würstl mit Kraut, aber bizarrerweise auch Schwarzwälder Kirsch oder lokale Spezialitäten wie Trofie al Pesto genovese.

Im Umfeld des großen Festzelts fehlen jedoch die üblichen Fahrgeschäfte. Dabei wäre auf der riesigen Piazza della Vittoria genug Platz dafür. Diktatur Benito Mussolini ließ den Platz einst in einem neuen Viertel mit unverkennbaren Bauten dieser Zeit samt Siegestor anlegen. Hier fanden große Aufmärsche statt.

Heute gibt es im Rahmenprogramm stattdessen in einem kleineren Zelt Country- oder Swing-Tanzkurse (!), „Bier-Joga“, Kinder-Events, DJs, die mit alternativem Programm auflegen und zur Eröffnung sogar eine Parade.

Beim Oktoberfest Genua handelt es sich um eine der wenigen weltweiten Veranstaltungen dieser Art, die von den bayerischen Autoritäten offiziell anerkannt wird. Ausgeschenkt wird Bier der staatlichen bayerischen Hofbräu aus München und organisiert wird die Veranstaltung von der Birreria HB Genova, die als eine Art Hofbräuhaus seit vielen Jahrzehnten eine Institution in der Stadt ist.

Nicht allen Genuesern gefällt jedoch diese Art des Oktoberfestes. Alessio, der stolz erzählt, schon 18mal in seinem Leben in München gewesen zu sein, bevorzugt das Original. Er will deshalb in den nächsten Tagen zum traditionellen Italiener-Wochenende in die bayerische Landeshauptstadt reisen.

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