OECD fordert von Frankreich tiefer gehende Reform

Bericht: Hohe Lohnkosten, fehlende Innovationen und Steuersystem schaden der Wettbewerbsfähigkeit

OECD fordert von Frankreich tiefer gehende Reform

wü Paris – Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) fordert von Frankreich weitere strukturelle Reformen, die Liberalisierung verschiedener Wirtschaftszweige und einen kohärenten wirtschaftspolitischen Kurs. Das geht aus einem 90 Seiten umfassenden Bericht hervor, den Experten der Organisation am Mittwoch in Paris vorstellten. Die von der sozialistischen Regierung von Präsident François Hollande eingeleiteten Schritte wie Steuergutschriften zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit oder die Reform des Arbeitsmarktes gingen in die richtige Richtung, urteilen sie. Doch die Reformen müssten noch weiter gehen.Zwar hat Frankreich die Finanzkrise besser überstanden als andere Länder. Aber gleichzeitig hat die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone in den zurückliegenden zehn Jahren auch eine der schwächsten Wachstumsraten verbucht, während die strukturelle Arbeitslosigkeit relativ hoch ist und das Land im internationalen Vergleich an Wettbewerbsfähigkeit einbüßt. So ist der französische Anteil am Welthandel von 1999 bis 2012 vom Wert her von 6,5 auf zuletzt 3,1 % gesunken. Gleichzeitig ist der Außenhandel, der noch im Jahr 2000 einen Überschuss aufwies, inzwischen defizitär. 2012 lag der Fehlbetrag bei 67,2 Mrd. Euro. Globale Strategie nötigAngesichts all dieser Probleme bedürfe es einer globalen Strategie und noch mehr struktureller Reformen, urteilt die OECD. Denn der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit sei nur ein Symptom für die unterschwelligen Schwächen der französischen Wirtschaft. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung der Lohnkosten. Die Löhne in Frankreich sind seit Ende der neunziger Jahre schneller gestiegen als die Produktivität. Einer der Gründe dafür dürfte die Einführung der 35-Stunden-Woche sein, da seitdem die Zahl der tatsächlich gearbeiteten Stunden gesunken ist. Dagegen sind die Lohnkosten in Deutschland im selben Zeitraum gleich geblieben oder sogar leicht zurückgegangen.Während andere Länder in Europa inzwischen notwendige Reformen eingeleitet hätten, sei diese Anpassung in Frankreich bisher noch nicht erfolgt, so der Bericht. Nachdem die Reallöhne 2008 gesunken seien, stiegen sie seit 2009 wieder, während die Stundenproduktivität weiter abnehme. “Das beeinträchtigt die Marktanteile Frankreichs in Europa und in Drittmärkten, aber insgesamt auch den Reiz Frankreichs für Investoren”, heißt es in dem Bericht. Im Gegensatz zu den Niederlanden und Australien gebe es keine Ausnahmen für junge Arbeitnehmer bei dem vergleichsweise hohen Mindestlohn. Das wiederum dürfte einer der Gründe für die strukturell hohe Jugendarbeitslosigkeit sein.Doch die preisliche Wettbewerbsfähigkeit allein reicht nach Ansicht der OECD nicht aus, um den Rückgang der Weltmarktanteile Frankreichs zu erklären. Ihrer Ansicht nach sind dafür auch mangelnde Innovationen, das Steuersystem und starre Reglementierungen verantwortlich. Sie empfiehlt deshalb, Forschung und Innovationen zu fördern, reglementierte Branchen wie den Einzelhandel, das Transportwesen und den Energiebereich stärker zu liberalisieren sowie den öffentlichen Dienst und das Steuersystem zu vereinfachen. Die Experten plädieren auch für die Modernisierung des Bildungssystems, da es bisher soziale Unterschiede noch verstärke.