OECD kritisiert Investitionsschwäche

Schwungvolle Konjunktur bis 2019, dann Abschwächung erwartet - Sorge wegen hoher Vermögenspreise

OECD kritisiert Investitionsschwäche

Die Weltwirtschaft wächst so schnell wie seit 2010 nicht mehr, die mittelfristigen Risiken aber steigen aufgrund der Reformzurückhaltung, warnt die OECD in ihrem Wirtschaftsausblick.wü Paris – Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat in ihrem am Dienstag vorgestellten Economic Outlook eine anhaltende Erholung der weltweiten Konjunktur konstatiert und ihre Wachstumsprognosen angehoben. Gleichzeitig warnte sie jedoch, dass die Investitionen nach wie vor zu schwach seien, um das Wachstumstempo in den kommenden Jahren stabil halten zu können. Sorgen bereitet den Ökonomen auch die hohe Verschuldung von Unternehmen und Privathaushalten in vielen Industrie- und Schwellenländern sowie die im Vergleich zum Wirtschaftswachstum zu hohen Preise von finanziellen Vermögenswerten.Kredite seien zwar notwendig, um die wirtschaftlichen Aktivitäten und Innovationen zu stützen, sagte OECD-Chefökonomin Catherine Mann während der Präsentation des Wirtschaftsausblicks. Doch sie könnten auch die Risiken erhöhen, das Wachstum reduzieren und die Ungleichheiten verstärken. Die Privatverschuldung bleibe hoch und steige in vielen Ländern weiter. Mann verwies auch auf die sogenannten Zombie-Unternehmen, die sich derzeit dank der niedrigen Zinsen an den Märkten leichter finanzieren können. Sollten die Zinsen jedoch wieder steigen, laufen sie Gefahr, in Schwierigkeiten zu geraten.Hohe und zunehmende Verschuldung habe in der Vergangenheit immer wieder in Finanzkrisen geführt, gab auch OECD-Generalsekretär Angel Gurria zu bedenken. Die Ökonomen appellieren deshalb an die Politik, mit einem integrierten Ansatz auf das Problem zu reagieren. Dieser sollte makroökonomische und makroprudenzielle Instrumente beinhalten, aber auch zu Grunde liegende strukturelle Themen in Angriff nehmen.Ein weiteres Problem sehen die Volkswirte der OECD darin, dass Unternehmen aus mangelndem Vertrauen in künftige Absatzmöglichkeiten ihr Geld lieber am Kapitalmarkt anlegen, anstatt es zu investieren. “Wenn Unternehmen in finanzielle Vermögenswerte anstatt in Realkapital investieren, steigen die Vermögenspreise im Verhältnis zu den langfristigen Wachstumsaussichten”, warnen sie. Es häuften sich schon die Anzeichen, dass die Wertpapierkurse nicht mit den Erwartungen hinsichtlich des künftigen Wachstums im Einklang stünden. Das wiederum erhöhe das Risiko finanzieller Korrekturen und für einen Abschwung. Geldpolitische FlankeDie ultralockere Geldpolitik erhöhe zudem die Gefahr, dass sich an den Finanzmärkten eine Blase bildet, die irgendwann platzen könnte. Sollten die Anreize wegfallen, könnten sich die bisher dadurch hoch gehaltenen Preise von Vermögenswerten sinken. Nach Ansicht der OECD muss das zwar nicht unbedingt bedeuten, dass es zu einer Finanzkrise wie 2008 kommt. Ein Einbruch der Märkte würde aber zu einer Abschwächung der Konjunktur führen.Angesichts der in den vergangenen Jahren verfolgten lockeren Geldpolitik hätten Regierungen und Notenbanken indes nicht mehr genug fiskalischen und geldpolitischen Spielraum, um einer Rezession im nötigen Maß etwas entgegensetzen zu können, warnt Chefökonomin Mann. Um so wichtiger seien strukturpolitische Reformen. Die OECD empfiehlt deshalb vor allem einen Abbau von staatlicher Regulierung. Das soll die Investitionsneigung verbessern.Nach Ansicht der Industrieländerorganisation ist der derzeitige Aufschwung vor allem zyklisch und von der lockeren Geldpolitik sowie einer weniger strengen Haushaltspolitik unterstützt. All das führt dazu, dass die Weltwirtschaft aktuell so stark wächst wie seit 2010 nicht mehr. Den Prognosen zufolge dürfte sie im laufenden Jahr um 3,6 % zulegen, 2018 dann um 3,7 % und 2019 um 3,6 %. Für Deutschland erwartet die OECD ein Wachstum für 2017 von 2,5 % und im nächsten Jahr von 2,3 %; für Frankreich 1,8 % in beiden Jahren. 2019 dürfte sich das Wachstum in Deutschland indes auf 1,9 % abschwächen, in Frankreich auf 1,7 %. Die Ökonomen gehen davon aus, dass Frankreichs Haushaltsdefizit in allen drei Jahren unter 3 % bleiben wird.