OECD malt tiefschwarzes Italien-Bild

Industrieländerorganisation mahnt tiefgreifende Strukturreformen an

OECD malt tiefschwarzes Italien-Bild

bl Mailand – Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zeichnet ein tiefschwarzes Bild für Italien. In ihrem neuesten Länderbericht erwartet sie für dieses Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 %, einen Anstieg der Arbeitslosenquote von 10,6 % auf 12 %, ein Defizit von 2,5 % (Vorjahr: 2,1 %) und einen Anstieg der Verschuldung auf 134 % (Vorjahr: 132 %). Die Organisation fordert ein tiefgreifendes Reformprogramm.Die OECD geht hart ins Gericht mit dem Bel Paese. Das Vorziehen des Mindestrentenalters auf 62 Jahre bei 38 Beitragsjahren müsse rückgängig gemacht werden. Die Maßnahme verstärke die Ungleichheiten zwischen den Generationen, treibe die Schulden nach oben und dämpfe das Wachstum. Positiver sieht die OECD die von der Populisten-Regierung eingeführte Mindestsicherung. Sie sei aber zu hoch angesetzt, fördere Schwarzarbeit und schaffe Armutsfallen. Sinnvoll ist die Mindestsicherung nach Auffassung der Ökonomen nur, wenn die Jobvermittlung effizienter werde und es Anreize zur Aufnahme einer Beschäftigung gebe. Dazu müssten etwa die Steuern im Niedriglohnsektor reduziert werden.Die OECD sieht auch 2020 nur schwache Erholungstendenzen. Sie rechnet mit einem Wachstum von 0,5 %, einer Arbeitslosenquote von 12,1 %, einem noch höheren Haushaltsfehlbetrag von 3 % sowie einem Schuldenanstieg auf 135 %. Produktivität stagniertDie OECD weist darauf hin, dass Italien mit 58 % eine der niedrigsten Beschäftigungsquoten der EU aufweise, die Produktivität seit 20 Jahren stagniere und die Armut vor allem im Süden viele junge Menschen zur Emigration veranlasse. Die regionalen Unterschiede hätten zugenommen. Die Auswanderung verschärfe die demografischen Probleme. Die OECD fordert tiefgreifende strukturelle Reformen. Wichtig sei es, die Beschäftigungsquote und die Produktivität zu erhöhen und Wachstum ausgewogener zu gestalten. Konkret schlägt die OECD die Öffnung geschlossener Märkte, die entschlossene Fortführung von Maßnahmen zur Förderung von Innovationen, die Beseitigung von Wachstumshemmnissen für Mittelständler, eine effizientere Verwaltung sowie ein faireres Steuersystem vor. Die ständigen Steueramnestien müssten aufhören. Ohne eine glaubwürdige Reformpolitik besteht laut OECD kein Spielraum zu Schuldenreduzierung, Infrastrukturmaßnahmen oder Hilfen zur Armutsbekämpfung.Lob gibt es nur für die Fortschritte bei der Stabilisierung des Bankensystems. Der Konsolidierungsprozess im Volksbankensektor müsse dringend fortgesetzt werden. Nur wenn die empfohlenen Maßnahmen umgesetzt würden, so die OECD, gingen die Zinszuschläge für italienische Anleihen zurück, was der Stabilität des Bankensektors zugutekomme.