Ökonomen fordern mehr IT-Wettbewerb innerhalb der Verwaltung
Mehr IT-Wettbewerb in Behörden gefordert
Ökonomen-Kritik an Position öffentlicher Dienstleister bei der Digitalisierung der Verwaltung
lz Frankfurt
Die Digitalisierung der deutschen Verwaltung kommt seit Jahren nur schleppend voran. Nach einer Brüsseler Aufstellung rangiert die Bundesrepublik mit Platz 23 dabei auf einem der hintersten Plätze in der EU. Die fehlende Modernisierung erschwert, verlangsamt und verteuert bürokratische Prozesse. Der Kronberger Kreis hat nun einen Faktor ausgemacht, weshalb die Behörden so schwer zu digitalisieren sind: die herausgehobene und geschützte Position öffentlicher IT-Dienstleister.
Der dezentrale föderale Aufbau der Bundesrepublik, so der Wettbewerbsökonom Justus Haucap, sei inzwischen kein Hindernis für die Digitalisierung mehr. Das sei nur ganz am Anfang ein Problem gewesen, als es noch grundlegend an der Koordination von Bund und Ländern gemangelt habe. Wegen der komplexen Verflechtungen habe diese Phase nur „erschreckend lange gedauert“. Doch mit Novellierung des Online-Zugangsgesetzes und neuer Regeln zur gemeinsamen Nutzung digitaler Anwendungen seien die Rahmenbedingungen inzwischen erheblich verbessert worden.
Marktanreize fehlen
Doch das reicht nach Ansicht von Berthold U. Wigger vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) nicht für den eigentlich überfälligen Digitalisierungsschub. Dieser werde nun durch die schleppende Umsetzung von Projekten ausgebremst. Beauftragt würden hierfür nämlich meistens öffentliche IT-Dienstleister, die sich keinem Wettbewerbsumfeld stellen müssten, kritisierte er. Die entsprechenden Aufträge würden üblicherweise ohne Ausschreibung vergeben.
Einen großen Teil digitaler Verwaltungsleistungen produziere der Staat damit selber. Wigger: „Das wäre etwa so, als würde eine Kommune die Autos für ihren Fuhrpark selber bauen“. Dadurch fehlten Anreize zur Qualitätsverbesserung und Kostenminimierung, die ein marktlicher Wettbewerb sicherstellen würde. Denn private Unternehmen seien häufig flexibler und könnten schneller auf neue Anforderungen reagieren als öffentliche Unternehmen. Eine stärkere Öffnung für private IT-Dienstleister zur Versorgung der Verwaltung mit digitalen Lösungen würde deshalb die Dynamik der Verwaltungsdigitalisierung deutlich erhöhen, regt er an.
Vielfach wird die Position öffentlicher IT-Dienstleister mit dem Hinweis auf die „digitale Souveränität“ verteidigt. Doch deren Berücksichtigung muss nach Meinung der Ökonomen des Kronberger Kreises nicht die Folge haben, dass nur öffentliche Unternehmen hergenommen werden. Die entsprechenden Vorgaben könnten auch private Dienstleister erfüllen und etwa sicherstellen, dass die Datensouveränität eingehalten werde.