Ökonomen ziehen magere Trump-Bilanz

US-Präsident 100 Tage im Amt - Volkswirte zweifeln am Erfolg der Steuerpläne

Ökonomen ziehen magere Trump-Bilanz

jw Frankfurt – Am Samstag ist Donald Trump 100 Tage im Amt. Der Präsident ließ bereits verlauten, dass er dieses Jubiläum als “nicht sehr bedeutend” ansehe. Trotzdem habe er aber schon “eine Menge” erreicht. Ökonomen sehen das etwas anders – Trumps Regierungspolitik habe auf das mittelfristige Wachstum kaum mehr Auswirkungen, und der “Trump-Effekt” an den Finanzmärkten stütze sich vielmehr auf die guten weltweiten Konjunkturdaten statt auf die Politikentscheidungen des Präsidenten.”Die 100-Tage Bilanz ist ein leerer Zettel”, sagt Martin Moryson, Chefvolkswirt der Sal. Oppenheim. Trump habe das solide konjunkturelle Umfeld größtenteils vererbt bekommen. Auch die anziehende Inflation sei vielmehr im hohen Ölpreis statt in den Maßnahmen des Präsidenten begründet. Die meisten von Trumps Projekten, wie die Gesundheitsreform oder der Stopp der Zuwanderung, sind gescheitert.Die Commerzbank sieht das ähnlich und hat ihr “Trumpometer”, ein Barometer zur Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen der absehbaren Maßnahmen der Trump-Administration, im April erstmals mit minus 1,3 Punkten negativ bewertet. Dies begründeten die Ökonomen des Instituts, noch vor der offiziellen Bekanntgabe der geplanten Steuermaßnahmen, vor allem mit dem Scheitern der Abwicklung von Obamacare, fehlenden Infrastrukturinvestitionen und ihren Erwartungen einer eher geringen statt umfassenden Steuersenkung. “Das Scheitern der Gesundheitsreform zeigt, dass Trump sich auf eine Unterstützung durch die republikanischen Mehrheiten im Kongress nicht verlassen kann. Dies dürfte auch die Umsetzung einer umfassenden Steuerreform erschweren”, meint Bernd Weidensteiner, Amerika-Experte der Commerzbank. Konflikte innerhalb der ParteiAuch andere Ökonomen rücken das schwierige politische Umfeld Trumps mit erheblichen Differenzen zwischen den republikanischen Abgeordneten im US-Repräsentantenhaus in den Vordergrund. Vor allem der “Freedom Caucus”, der aus der Tea-Party-Bewegung hervorgegangene radikal-konservative Flügel der Republikaner, ist strikt gegen eine Ausweitung des Staats, beispielsweise ein höheres Haushaltsdefizit. Auch die moderate “Tuesday Group” stellte sich bereits bei der Abschaffung von Obamacare gegen Trump und ist fiskalisch eher konservativ ausgerichtet. Bei ING-DiBa glaubt man, dass ein Senkung der Unternehmenssteuern unter 25 % ohne Einkommensausgleich kaum Chancen hat, an den “Fiskal-Falken” der Republikaner vorbeizukommen. Der Wachstumseffekt rasanter Steuerkürzungen lasse sich nicht einfach durch Wachstum selbst finanzieren. Auch Paul Krugman beklagte jüngst: “Die Geschichte bietet keinen Beweis für den Glauben an Wachstumseffekte von Steuersenkungen.” Die Empfehlung der Ökonomen an Trump lautet: Statt als Nächstes etwa in der Fiskalpolitik Flagge zu zeigen, sollte der US-Präsident mehr in die Stärkung der Arbeitsproduktivität investieren, zum Beispiel mittels Hilfe für die Bildung.