Ölpreisverfall drückt Euro-Inflation

Teuerung sinkt auf 0,3 Prozent - Spekulation auf EZB-Handeln - Düstere Joblage

Ölpreisverfall drückt Euro-Inflation

ms Frankfurt – Der drastische Rückgang des Ölpreises seit Sommer und die dadurch fallenden Energiepreise haben die Inflation im Euroraum im November laut erster Schätzung wieder auf 0,3 % gedrückt – und sie könnten die Teuerung zum Jahreswechsel sogar auf 0 % oder auf negative Werte fallen lassen. Damit dürften die Debatte über das Risiko eines Abrutschens in die Deflation und Forderungen nach einem aggressiveren Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) an Intensität zulegen.Wie Eurostat gestern mitteilte, lag die jährliche Inflation im November voraussichtlich bei 0,3 % – nach 0,4 % im Oktober. Die EZB strebt knapp 2 % an. Verantwortlich für den neuerlichen Rückgang waren vor allem die fallenden Energiepreise. Sie sanken um 2,5 %, nach einem Minus von 2 % im Oktober. Die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel blieb dagegen konstant bei 0,7 %. Das dürfte in der EZB zumindest für etwas Erleichterung gesorgt haben.Wegen des starken Rückgangs des Ölpreises seit Mitte Juni um rund 40 % könnte die Teuerung künftig sogar noch weiter sinken, womöglich auf oder gar unter 0 %. Die Commerzbank erwartet für Januar Nullinflation. Unicredit prognostiziert das schon für Dezember und schließt auch einen Minuswert nicht aus.Auf solche Entwicklungen wie beim Ölpreis hat die EZB keinen direkten Einfluss, weswegen sie meist durch diese “hindurchschaut”. In der Notenbank wächst aber bei einigen die Sorge, dass die mittel- und langfristigen Inflationserwartungen ins Rutschen geraten – die wiederum großen Einfluss auf die künftige tatsächliche Inflation haben. Zudem gilt eine “Verankerung” als Ausweis der Glaubwürdigkeit der Notenbank.Billigere Energie hat aber auch einen positiven Effekt auf die Wirtschaft, weil sie die Kaufkraft erhöht. “Die stimulierende Wirkung, die von niedrigen Energiepreisen ausgeht, ist ja fast ein kleines Konjunkturprogramm”, sagte Bundesbankchef Jens Weidmann am Freitag. Die Geldpolitik reagiere deshalb grundsätzlich anders auf niedrige Energiepreise als auf eine Lohn-Preis-Spirale.Ähnlich hatte sich früher auch EZB-Präsident Mario Draghi geäußert. Inzwischen aber scheinen bei ihm und vielen anderen im EZB-Rat die Sorgen zu überwiegen, dass sich die niedrige Inflation auf Dauer festsetzt. Viele treibt vor allem der nur geringe Sicherheitspuffer zur Nullinflation um. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet hatte bereits Ende 2013 gesagt, dass die EZB in einer solchen Lage schneller reagieren müsse als sonst.Dass sich die Kerninflation nun seit rund einem Jahr in der Spanne zwischen 0,7 % und 1 % hält, gilt manchem im EZB-Rat als Indiz, dass keine Deflation droht. EZB-Vize Vítor Constâncio hatte den Wert indes am Donnerstag als sehr niedrig bezeichnet und als Signal, dass es nicht nur um temporäre Faktoren gehe, die die EZB ignorieren könne.Bereits 2009 war die Inflation im Euroraum in Folge der Finanzkrise für einige Monate negativ. Damals lag die Kernrate aber höher. Zudem, so Constâncio jetzt darauf angesprochen, sei damals klar gewesen, dass es schnell wieder hochgehen würde.Der erneute Rückgang der Euro-Inflation schürte am Freitag Erwartungen, dass die EZB ihre Politik weiter lockert und auch zum breit angelegten Kauf von Staatsanleihen greift. Das ist aber im EZB-Rat heftig umstritten und würde in Deutschland auf viel Widerstand stoßen.Zu den Spekulationen trug auch bei, dass die Arbeitslosigkeit im Euroraum weiter sehr hoch ist. Laut Eurostat waren im Oktober weiterhin 11,5 % der Bürger ohne Job. In Italien stieg die Arbeitslosenquote im Oktober sogar überraschend auf einen Rekordwert von 13,2 %.