Opposition dringt auf Investitionen

Bund soll mit mehr Geld der Wirtschaftsschwäche trotzen - Grüne wollen die schwarze Null opfern

Opposition dringt auf Investitionen

Die Opposition wirft der Bundesregierung vor, zu wenig zu investieren und den Bundeshaushalt in den nächsten Jahren nur mit einem Griff in die Rücklagen zum Ausgleich zu bringen. Die Grünen mahnen, die schwarze Null nicht zum Dogma zu erheben. Die Union hält am ausgeglichenen Haushalt fest. wf Berlin – “Gehen Sie runter von dieser Investitionsbremse, Herr Scholz!” Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Sven-Christian Kindler, hat damit im Bundestag die Haushaltspolitik der großen Koalition kritisiert. Für den Klimaschutz, für Digitalisierung und für gleichwertige Lebensverhältnisse müsse viel investiert werden, sagte Kindler in der ersten Lesung zum Bundeshaushalt 2020 und zur mittelfristigen Finanzplanung bis 2023. Investitionsquote sinktBundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte zuvor versichert, noch nie habe der Bund so viel investiert wie diesmal vorgesehen. Bei Ausgaben von 359,9 Mrd. Euro im nächsten Jahr sind im Regierungsentwurf Investitionen von knapp 40 Mrd. Euro geplant. In den nächsten Jahren werde dies in jedem Jahr fortgeschrieben, konstatierte der Minister. In einer Dekade investiere der Bund damit mindestens 400 Mrd. Euro. Die Regierung nutze damit den Spielraum aus ihrer Rücklage. Darin sind Haushaltsüberschüsse der vergangene Jahre eingestellt. Grüne und auch FDP kritisierten, nur der Griff in diese Rücklage erlaube den ausgeglichenen Etat.Kindler hielt Scholz entgegen, bei steigenden Gesamtausgaben sinke die Investitionsquote. In der Tat sieht die mittelfristige Finanzplanung Ausgabensteigerungen in den nächsten Jahren zwischen 1 % und knapp 2 % vor. 2023 will der Bund 375,7 Mrd. Euro ausgeben – darunter Investitionen von unverändert knapp 40 Mrd. Euro. Die Grünen fordern eine Investitionsoffensive bis 2030. Die Schuldenbremse solle nicht abgeschafft werden, versicherte Kindler. Die Grünen wollen sie aber um neue öffentliche Investitionsgesellschaften und einen Bundesinvestitionsfonds ergänzen. Damit sollen bis zu einer Höhe von 1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) Nettoinvestitionen finanziert werden. Die Schuldenbremse erlaubt dem Bund nur ein konjunkturbereinigtes Defizit von bis zu 0,35 % des BIP.Auch die FDP-Fraktion mahnte mit Blick auf steigende Kurzarbeiterzahlen, weniger offene Stellen, sinkende Auftragseingänge und Industrieproduktion zu höheren Investitionen. Die Steuerschätzer würden angesichts dieser Lage bei ihrem nächsten Treffen im November die Einnahmen des Staates nach unten korrigieren, stellte der haushaltspolitische Sprecher der Liberalen, Otto Fricke, in Aussicht. Neue Schulden lehnt die FDP ab. Wenn der Bund nachhaltig investieren wolle, dürfe nicht immer nur mehr gefordert, es müsse auch verzichtet werden. Fricke rief die Regierung auf, die größten Investoren im Land zu fördern: zu neun Zehnteln seien dies Private und Unternehmer. Spielraum im Etat Strikt gegen neue Schulden wandte sich der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Eckhardt Rehberg. Er kritisierte einen “Überbietungswettbewerb” nach dem Motto: Wer stellt mehr Geld ins Schaufenster? Rehberg erinnerte daran, dass der Bundesetat ohne neue Schulden von 2014 an erst die Ausgangsposition geschaffen habe, um wieder massiv investieren zu können und Bürger sowie Länder und Kommunen zu entlasten. “Ohne diese schwarze Null wäre das alles in den letzten Jahren nicht gegangen”, sagte Rehberg. Das Kernproblem schleppender Investitionen seien die Planungskapazitäten und das kompliziertes Genehmigungs- und Planungsrecht.Offen bleibt in dieser Woche der Etatdebatte für das nächste und die folgenden Jahre, welche Einnahmen und Ausgaben für die Klimapolitik geplant sind. Das Bundeskabinett will das Paket zum Klimaschutz am 20. September beschließen, also nach der ersten Lesung des Bundeshaushalts. Finanzvehikel dafür soll der Energie- und Klimafonds sein. Die Einnahmen dieses Sondervermögen des Bundes speisen sich bislang aus dem Handel mit Emissionsrechten. Im Gespräch ist eine Kreditermächtigung für den Energie- und Klimafonds.