Arbeitsmarkt

Pandemie drückt Löhne in Deutschland

Wegen der Wirtschaftskrise und steigender Verbraucherpreise müssen Arbeitnehmer erstmals seit 13 Jahren ein Lohnminus hinnehmen. Im Zuge der Erholung erwarten Ökonomen, dass die Entgelte wieder steigen.

Pandemie drückt Löhne in Deutschland

ast Frankfurt

Die Coronakrise macht sich im Geldbeutel der Arbeitnehmer bemerkbar. Im vergangenen Jahr sind die Löhne erstmals seit 2007 gesunken. Die Bruttomonatsverdienste einschließlich Sonderzahlungen sanken um durchschnittlich 0,6%, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilte. Grund sind die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Einschränkungen des wirtschaftlichen Lebens, aber auch die arbeitsmarktstützende Maßnahme des Kurzarbeitergelds.

Auch bei den Reallöhnen mussten die Arbeitnehmer deutliche Verluste hinnehmen. Da die Verbraucherpreise im selben Zeitraum um 0,5% zulegten, sanken die Reallöhne um durchschnittlich 1% im Vergleich zum Vorjahr. Die deutschen Arbeitnehmer hatten demnach weniger Geld zur Verfügung und konnten sich davon aufgrund steigender Preise auch weniger leisten. Zuvor waren die Reallöhne sechs Jahre in Folge gestiegen.

Interessant ist der Vergleich mit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor zwölf Jahren. Selbst in dieser Zeit stiegen die Löhne – wenn auch nur leicht. Eine Erklärung dafür findet sich in der Kurzarbeit: Zwar hat die Fortzahlung des Kurzarbeitergeldes nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) etwa eine Million Arbeitsplätze während der Krise erhalten. Doch weil dadurch die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden zurückging, sank auch das Einkommen der Betroffenen. Zumal nur etwa jeder zweite Kurzarbeiter mehr als 60 bzw. 67% seines Lohns beziehen konnte, indem sein Arbeitgeber das Kurzarbeitergeld aufstockte. Für das laufende Jahr erwarten Ökonomen eine gesamtwirtschaftliche Erholung, die sich über alle Bereiche erstrecken dürfte. Einer Entspannung der Situation auf dem Arbeitsmarkt dürften dann auch wieder steigende Löhne folgen. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) geht davon aus, dass das Lohnminus in erster Linie auf den Rückgang der Arbeitszeit zurückgehe. „Mit dem Abklingen der pandemiebedingten Betriebsschließungen dürften sich im laufenden Jahr auch die Lohneinkommen wieder erholen“, sagte der wissenschaftliche Direktor des IMK, Sebastian Dullien.

Hinzu kommt die außergewöhnlich hohe Sparquote im vergangenen Jahr besonders, schließlich waren Gelegenheit zum Geldausgeben aufgrund der Lockdowns rar und Ängste um den Verlust des Arbeitsplatzes bei Millionen ausgeprägt. Die Ökonomen des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) haben ausgerechnet, dass die Deutschen 2020 und 2021 zusammen etwa 200 Mrd. Euro zusätzlich sparen – durch abgesagte Reisen und weniger Restaurantbesuche. Das entspreche etwa 10% der jährlichen Konsumausgaben. „Da zudem die Deutschen im vergangenen Jahr viel Geld zurückgelegt haben, gibt es Aussichten auf eine konsumgetriebene Erholung“, hofft IMK-Ökonom Dullien.

Hoffnungswert Tarifrunden

Auch stehen dieses Jahr mehrere größere Tarifabschlüsse an, die für viele Arbeitnehmer ein Lohnplus bedeuten könnten. So handelte die IG Metall mit der Textil- und Modebranche Anfang der Woche eine einmalige Corona-Prämie für die Arbeitnehmer sowie eine schrittweise Lohnerhöhung aus. Anfang März endet zudem die Friedenspflicht im Tarifkonflikt der Metall- und Elektrobranche, einer der größten Branchen in Deutschland. Die Gewerkschaften fordern 4% mehr Lohn und flexiblere Arbeitsmodelle wie die Viertagewoche. Widerstand kommt von den Arbeitgeberverbänden, die auf Sparzwänge verweisen. IMK-Ökonom Dullien mahnt: „Es muss auf jeden Fall vermieden werden, dass die Erwartungen wieder steigender Lohneinkommen beschädigt werden – so wie das in den frühen 2000er Jahren passiert ist.“ Eine übermäßige Lohnzurückhaltung der Tarifparteien sei daher nicht geboten.