Pandemie verdirbt Verbrauchern die Laune
ba Frankfurt – Die deutschen Verbraucher zeigen sich im März angesichts der Corona-Pandemie und der entsprechenden Schutzmaßnahmen so verunsichert wie zuletzt zur Hochzeit der globalen Finanzkrise. Die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) prognostiziert daher für April ein Absacken des Konsumklimas um 5,6 auf 2,7 Punkte. Das ist nicht nur der kräftigste monatliche Rückgang seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994, sondern auch der niedrigste Wert seit Mai 2009, als die Verbraucherstimmung bei 2,6 Zählern lag (siehe Grafik). Allerdings war im Umfragezeitraum von 4. bis 16. März das aktuelle Ausmaß der verkündeten Geschäftsschließungen und Produktionsstopps noch nicht bekannt, schränkt GfK-Experte Rolf Bürkl ein. Ökonomen hatten zwar erwartet, dass das Konsumklima wegen des starken Anstiegs der Infektionen und der damit einhergehenden Beschränkungen einbricht, allerdings einen Wert von 7,1 Zählern im Visier gehabt.Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung sei auch die Prognose des Konsumwachstums von 1 % nicht mehr haltbar, erklärte Bürkl. Eine neue Voraussage könne aber erst getroffen werden, “wenn absehbar ist, wie lange die Corona-Schutzmaßnahmen anhalten werden”. Handel, Hersteller und Dienstleister müssten sich auf eine Rezession einstellen. Wie schwer diese ausfalle, hänge letztlich davon ab, “wann die Wirtschaft wieder in eine Art Normalität zurückfindet”, so Bürkl. Experten empfehlen, die Einschränkungen des öffentlichen Lebens schrittweise aufzuheben. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will – voraussichtlich bis Ostern – ein Konzept zur Lockerung der geltenden Kontaktverbote entwickeln (siehe Bericht auf Seite 7).Auf den Handel sieht Bürkl schwere Zeiten zukommen. Mittel- bis langfristig werde sich der Lebensmitteleinzelhandel, dem die Hamsterkäufe infolge der Corona-Pandemie Ende Februar einen Umsatzsprung von 14 % zum Vorjahr beschert hatten, auf die wirtschaftlich unsichere Lage der Konsumenten einstellen müssen, sagte GfK-Handelsexperte Robert Kecskes. Insbesondere in der neunten Kalenderwoche war laut GfK in einzelnen Kategorien ein Umsatzplus von bis zu 200 % im Vergleich zur Vorjahreswoche zu verzeichnen. Das Statistische Bundesamt hatte für jene Woche insbesondere bei Desinfektionsmitteln ein Absatzplus festgestellt: Der Absatz legte demnach um 659 % zum Durchschnitt des vergangenen Halbjahres zu (vgl. BZ vom 26. März). Der GfK-Indikator der Anschaffungsneigung ist im März ebenso abgerutscht wie die Barometer der Einkommens- und Konjunkturerwartung.Die Konjunkturerwartungen sind um 20,4 auf -19,2 Punkte und damit auf den niedrigsten Stand seit August 2012 gefallen. Auch Ökonomen zeigen sich zunehmend skeptisch. Das IW beispielsweise rechnet in einem Positivszenario (Lockdown bis Ende April, weitere zwei Monate Schwierigkeiten in wichtigen Industriebranchen sowie das Erreichen des Ausgangszustands nach weiteren drei Monaten), dass das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um rund 5 % geringer als im normalen Verlauf ausfallen wird. In einem Negativszenario, das einen Lockdown bis Ende Juni sowie eine langsamere Erholung vorsieht, seien es 10 %, schrieb das IW gestern in einer Kurzstudie.Diese Aussichten schüren Sorgen vor erheblichen Jobverlusten. Das IAB-Arbeitsmarktbarometer, das allerdings vor Eintreten der gravierendsten Maßnahmen abgeschlossen wurde, signalisiert mit dem Rückgang um 1,5 auf 100,4 Zähler bereits eine deutlich steigende Arbeitslosigkeit, insbesondere in der Zeitarbeit. “Wegen der Coronakrise muss der Arbeitsmarkt massiv gestützt werden. Das bedeutet: Finanzierung der Betriebe sichern und Entlassungen vermeiden, aber auch Einstellungen unterstützen”, forderte IAB-Experte Enzo Weber.GfK-Mann Bürkl fügte hinzu: “Drohende Kurzarbeit in beträchtlichem Umfang sowie steigende Arbeitslosenzahlen schlagen inzwischen voll auf die Konsumstimmung durch.” Zusätzlich habe auch ein spürbarer Anstieg der Sparneigung das Konsumklima belastet.