Paris will Arbeitsreform durchdrücken

Per Dekret am Parlament vorbei - Kritik wallt hoch

Paris will Arbeitsreform durchdrücken

wü Paris – Frankreichs sozialistische Regierung will die umstrittene Reform des Arbeitsrechts ohne Parlamentsbeschluss durchsetzen. Der Ministerrat erteilte Premierminister Manuel Valls Dienstagnachmittag die Erlaubnis, auf den Artikel 49-3 der Verfassung zurückzugreifen, um den entsprechenden Gesetzentwurf ohne Abstimmung in Kraft zu setzen. Die Entscheidung sorgte bei der konservativen Opposition, aber auch innerhalb der sozialistischen Regierungspartei und der Protestbewegung “Nuit debout” für scharfe Kritik. Sie protestierte Dienstagabend vor der Nationalversammlung. “Das ist ein Eingeständnis von Schwäche”, erklärte die sozialistische Abgeordnete und frühere Kulturministerin Aurélie Filippetti. Sie hatte die Regierung 2014 verlassen, weil sie nicht mit ihrem wirtschaftspolitischen Kurs einverstanden war. Misstrauensantrag gestelltDie konservative Oppositionspartei Les Républicains und die Abgeordneten der Zentrumspartei UDI (Union des Démocrats et Indépendants) reichten einen Misstrauensantrag ein. Über ihn soll Donnerstagnachmittag entschieden werden. Kommunistische Abgeordnete und Vertreter der Linkspartei dürften ebenfalls versuchen, einen Misstrauensantrag einzureichen. Er muss von mindestens einem Zehntel der Abgeordneten der Nationalversammlung unterzeichnet sein, also 58 von insgesamt 577 Abgeordneten. Für die Annahme des Misstrauensantrags selbst sind 289 Stimmen nötig.Die Aufständler vom linken Rand der sozialistischen Regierungspartei schlossen zunächst nicht aus, einen eigenen Misstrauensantrag zu stellen. Sie wollen am heutigen Mittwoch darüber beraten, ob sie sich dem Antrag der Linkspartei anschließen. Andere Sozialisten drohten bereits, dass sie in dem Fall von der Partei ausgeschlossen würden. Linkspartei-Chef Jean-Luc Mélenchon, aber auch der rechtsextreme Front National appellierten an die Abgeordneten der Nationalversammlung, für den Misstrauensantrag zu stimmen.Die Debatte über den Gesetzentwurf zur Reform des Arbeitsrechts in der Assemblée Nationale hatte vor einer Woche begonnen. Ursprünglich war die endgültige Abstimmung über den Text für nächsten Dienstag geplant, doch dann hatten sich die Fronten am Montag so verhärtet, dass die Regierung die Abstimmung über die zahlreichen Abänderungsanträge auf unbestimmte Zeit verschieben musste. Streitpunkt war ein Artikel, der ermöglichen soll, Branchenvereinbarungen durch Vereinbarungen auf Betriebsebene zu umgehen. Nach zahlreichen Protesten hatte die Regierung den Gesetzentwurf bereits stark verwässert. Dennoch sollen ihr 50 bis 60 Stimmen für die Annahme gefehlt haben.