Parlament in Rom billigt Wahlrechtsreform

Breite Koalitionen weiterhin nötig

Parlament in Rom billigt Wahlrechtsreform

tkb Mailand – In Italien hat die umstrittene Wahlrechtsreform eine entscheidende Hürde genommen. Das Abgeordnetenhaus hat das neue Wahlgesetz “Rosatellum” verabschiedet. Nun muss noch der Senat seine Einwilligung geben. Das Gesetz soll bis Monatsende verabschiedet werden. Die Chancen dafür sind günstig, da nicht nur die sozialdemokratische Regierungspartei PD mit ihrem Partner AP aus dem Mitte-rechts-Lager, sondern auch die Oppositionspartei Forza Italia und die Lega Nord mit von der Partie sind. Die populistische Protestbewegung Movimento 5 Stelle (M5S) lehnt das neue Wahlsystem ab und droht mit Protesten. Beppe Grillo, Gründer der M5S, hält die Reform für undemokratisch, da sie die Bildung von Koalitionen fördere. Auch die von der PD abgespaltene Linkspartei und die Rechtspartei sind gegen die Reform.Beim neuen Wahlgesetz handelt es sich um eine Mischung aus Verhältniswahlrecht (64 %) und Mehrheitswahlrecht (36 %). 232 Abgeordnete und 109 Senatoren werden laut Gesetzesentwurf nach dem Mehrheitsverfahren gewählt, der Rest wird per Verhältniswahl über Parteilisten bestimmt. Vorgesehen ist eine 3 %-Hürde für Einzelparteien. Bei Koalitionen wurde die Mindestgrenze mit 10 % festgesetzt. Damit sollen Wahlbündnisse gegen die Zersplitterung der italienischen Parteienlandschaft gefördert werden.Nach mehrfach gescheiterten Versuchen, das Wahlrecht zu reformieren, versucht Regierungschef Gentiloni nun Druck zu machen. Denn spätestens im Frühjahr 2018 stehen Wahlen bevor. Eine Wahlreform ist nötig, da derzeit zwei verschiedene Wahlsysteme für Abgeordnetenhaus und Senat gelten. Durch die Harmonisierung des Wahlsystems dürfte die Sitzverteilung in Abgeordnetenhaus und Senat ähnlich sein. Das verringert Commerzbank-Analyst Marco Wagner zufolge zwar die Gefahr, dass die Gesetzgebung durch unterschiedliche Mehrheiten blockiert wird, macht durchgreifende Reformen aber nicht unbedingt einfacher. Denn das neue Wahlrecht mache es noch wahrscheinlicher, dass zur Bildung einer mehrheitsfähigen Regierung breite Koalitionen nötig sind.