Polen und Ungarn bleiben nach Vetos hart
ahe Brüssel – Im Streit um das EU-Finanzpaket und seine Verknüpfung mit einem Rechtsstaatsmechanismus haben zahlreiche EU-Staaten Polen und Ungarn zum Einlenken gedrängt. Auf einer fast acht Stunden andauernden Videokonferenz der EU-Europaminister wurden die Regierungen in Warschau und Budapest auch vor dem Hintergrund der aktuell sehr ernsten Coronalage zu einem verantwortungsbewussten Vorgehen aufgefordert. Der deutsche Europa-Staatsminister Michael Roth (SPD), der die Sitzung leitete, betonte: “Es ist nicht die Zeit für Vetos, sondern für schnelles Handeln im Geiste der Solidarität.” EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn warnte vor politisch unvorstellbaren Konsequenzen, sollte das 1,8 Bill. Euro schwere Finanzpaket scheitern. “Es geht um die Zukunft Europas”, mahnte er.Polen und Ungarn hatten am Montag ihr Veto gegen den Kompromiss zum neuen mehrjährigen EU-Haushaltsrahmen eingelegt, den die deutsche Ratspräsidentschaft mit dem Europaparlament ausgehandelt hatte. Auch die Mittelaufnahme für den geplanten Wiederaufbaufonds lehnten die beiden Länder ab, weil sie mit einer Verknüpfung mit einem Rechtsstaatsmechanismus nicht einverstanden sind.Beide Länder wiesen die Kritik der anderen Staaten gestern vehement zurück. Die ungarische Justizministerin Judit Varga sagte, beim Thema Rechtsstaatlichkeit gehe es um “ideologische Debatten”. Der geplante Mechanismus könne willkürliche Verfahren zur Folge haben. Polens Europaminister Konrad Szymanski kritisierte, es gebe einen Mangel an rechtlichen Garantien.Bundeskanzlerin Angela Merkel, die das Thema morgen mit den übrigen EU-Staats- und Regierungschefs diskutieren wird, sagte nach Angaben von Teilnehmern in einer Video-Sitzung der Unionsfraktion, sie hoffe auf guten Willen von allen Seiten, um doch noch eine Lösung zu finden. Sowohl unter den Mitgliedstaaten als auch mit der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament sei eine Lösung ohne Rechtsstaatlichkeit allerdings nicht möglich. Neuer präventiver AnsatzStaatsminister Roth wies die Regierungen in Warschau und Budapest darauf hin, dass auch ihre eigenen Bürger einen Preis für die Blockade zu zahlen hätten.Ungeachtet des Konflikts führten die Europaminister gestern erstmals eine länderspezifische Aussprache zur Situation der Rechtsstaatlichkeit. Basis der Debatte waren Berichte, die die EU-Kommission hierzu im Oktober vorgelegt hatte. Nach Angaben von Roth soll dieser Rechtsstaatsdialog künftig als dauerhafte Einrichtung regelmäßig stattfinden. Auch die künftigen Ratspräsidentschaften hätten schon zugesagt, diesen Dialog fortzusetzen. Es gehe darum, in Zukunft frühzeitig und präventiv einzugreifen, sollten in einzelnen EU-Mitgliedstaaten rechtsstaatliche Probleme drohen.